Wie Kulturschaffende in Corona-Zeiten mit ihrer frei(er)en Zeit umgehen

von Pat Christ (erschienen in Ausgabe 04/2020)

Helfen geht nun vor Kunst, sagt der Thüngersheimer  Fotokünstler Werner Hägele.
Niemand kann die Sache easy nehmen, Corona sorgt für Unbehagen. Umso wichtiger sind in diesen Tagen Kreativität und solidarisches Verhalten. Gerade Kulturschaffende engagieren sich derzeit stark für andere. So kam Würzburgs Star-Trompeter Johannes Mauer mit weiteren Musikern auf die Idee, für die Bewohner von Altersheimen zu spielen. Ende März muszierten sie als Blechbläserquartett mit drei Trompeten und einem Horn vor dem Robert-Krick Wohnstift und dem St. Nikolausheim.

„Neben Auszügen aus klassischen Werken wie dem Triumph­marsch aus der Aida und der Europahymne aus Beethovens Neunter Sinfonie intonierten wir auch bekannte deutsche Volkslieder, die den Heimbewohnern noch sehr vertraut waren“, so Mauer. Die Senioren, die zu diesem Zeitpunkt bereits seit zehn Tagen keinen Besuch mehr empfangen durften, waren sehr froh über eine Abwechslung ihres Alltags: „An ihren Fenstern sitzend oder stehend haben sie applaudiert und sich überschwänglich für unsere kleine Darbietung bedankt.“ Für die vier war es eine berührende Erfahrung, was kleine Gesten in dieser Zeit den Menschen bedeuten können. Die Musiker wollen ihre Darbietung auch vor anderen Würzburger Heimen und Einrichtungen wiederholen. „Neben unserem Blechbläserquartett gibt es noch vier weitere Ensembles des Philharmonischen Orchesters, die ebenfalls für die Bewohner von Seniorenheimen musizieren“, berichtet Mauer. Die Musiker betrachten ihre derzeitige Arbeit, so der Trompeter, „zwar nicht als system-, aber als seelenrelevant.“

Gegenseitige Hilfe ist in diesen Zeiten dringend geworden, konstatiert Martin Menner, Schauspieler aus Güntersleben. Er selbst leitet sämtliche Infos, die Hilfe für Kulturschaffende versprechen, sofort an Kollegen weiter. In ein Loch, sagt Menner, fällt er durch Corona nicht: „Ich arbeite immer an mehreren Projekten gleichzeitig, wenn also das eine wegfällt oder gerade nicht weiter vorangebracht werden kann, kommt die freiwerdende Zeit anderen oder neuen Projekten zugute.“ Aktuell schreibt er an einem Stück, das er gemeinsam mit Thomas Glasmeyer und einer Puppe aufführen will.

Weder auf dem Campus noch in Schulen oder Kulturstätten findet noch irgendetwas statt. Viele Kulturschaffende betrifft dies, rein zeitlich gesehen, doppelt, denn ein großer Teil schafft nicht nur frei Kunst, sondern arbeitet auch an einer Hochschule, Musikschule oder einer anderen Bildungsstätte. So auch der Fotokünstler Werner Hägele aus Thüngersheim. Hägele schafft frei Kunst und ist außerdem an der Würzburger Fachschule für Heilerziehungspflege als Dozent tätig. Auch die ist dicht: „Für uns Dozenten bedeutet das, nun abzuarbeiten, was möglich ist, und neu zu planen, was nach der Krise ansteht, beispielsweise Abschlussprüfungen.“ Sich jetzt zu verkriechen und Trübsal zu blasen, wäre für Hägele grundfalsch. Zusammen mit anderen Kulturschaffenden in Thüngersheim plant er neue Formen der Kooperation: „Mir liegt außerdem eine Buchhandlung in Grombühl am Herzen, deshalb habe ich hier Gutscheine und Bücher gekauft.“ Künstlerinnen und Künstler arbeiten meist unter Hochdruck. Corona könnte Freiräume zur Rekreation schaffen. Matthias Ernst alias „Mister Clarino“ sieht dies für sich jedoch im Augenblick noch nicht. Der Klarinettist tritt solo, im Duo und Trio, in einem Jazzquartett sowie in einer Dixieband auf. Außerdem ist er an der Würzburger Musikschule tätig: „Hier unterrichte ich aktuell 90 Prozent meiner Schüler mit FaceTime, Zoom oder Skype, das klappt auch ganz gut.“


Bildnachweis: @Pat Christ

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