„Tag der Entscheidung – Uffrur im Würzburger Rathaus“ feierte Premiere

von Susanna Khoury (erschienen in Ausgabe 01/2025)

Es wird gestritten, gehadert, um den richtigen Weg gerungen und der Sitzungsaal des Würzburger Rathauses wird zur Bühne... in echt! 500 Jahre nach dem Bauernkrieg feierte „Tag der Entscheidung – Uffrur im Würzburger Rathaus“ fast genau auf den Tag im Ratssaal Premiere – mit einem großartig aufgelegten Markus Grimm als Altbürgermeister Tilmann Riemenschneider, dem Schauspieler und ehemaligen Stadtrat Ingo Klünder als Fürstbischof Konrad II. von Thüngen und Stephan Ladnar, der das Enfant terrible gibt.

Die Dringlichkeitssitzung von 1525 wird eröffnet vom Stückeautor und Regisseur Markus Grimm, der zudem in der Rolle des Altbürgermeisters Tilmann Riemenschneider brilliert. Es geht um nichts weniger als die Zukunft der Stadt Würzburg und die Frage, auf welche Seite sich der Rat schlägt – auf die der Aufständischen oder die des Fürstbischofs, aus dessen Abhängigkeit die Stadt sich schon immer befreien wollte...

Damals und Heute

„Freiheit“, das ist das Stichwort des fahrenden Sängers Hans Bermeter, der als Stephan Ladnar, ehemaliger Chef der Würzburger Werkstattbühne, seinen Schauspielkollegen Markus Grimm jäh und zu früh unterbricht. Er sorgt eine Stunde für Spannung und unterhält als Enfant terrible bestens.

Die Sprünge zwischen Damals und Heute sind gewollt und intelligent in das Stück hineingeschrieben. Sie unterstreichen die Parallelen zur Gegenwart oder wie der Oberbürgermeister aus dem Jahr 2025, Christian Schuchardt, es ausdrückt: „Die Gründe und Ursachen sind noch sehr aktuell: Es geht um Gerechtigkeit, Selbstbestimmung, das Selbstverständnis von mündigen Bürgern und um das Verhältnis zwischen Obrigkeit und Volk.“ Bermeter hält ein feuriges Plädoyer gegen Zwänge und für die Revolution und berichtet von Reitern des Fürstbischofs und Geschützen innerhalb der Stadtmauern. Tilmann Riemenschneider steht zwischen den Stühlen und versucht die Situation herunterzuspielen: „Gesetz ist, was dem Recht entspricht!“ Hans Bermeter: „Gerechtigkeit kommt von Gott!“ Der Prediger auf der Bühne des Lebens, Stephan Ladnar, katapultiert die Zuschauerinnen und Zuschauer immer wieder in die Gegenwart: „Irgendwer will immer an die Geschütze und man muss entscheiden, ob man für oder gegen ihn ist.“ Auftritt Ingo Klünder (82) als Fürstbischof Konrad II. von Thüngen, der mit seiner Schauspielpräsenz auf der Bühne nahtlos an vergangene Erfolge anknüpft.

Perfekt besetzt, da Klünder auch in echt zwölf Jahre dem Würzburger Stadtrat angehörte. Und in seiner Rede vor dem Rat von 1525 mimt er ebenfalls den Politiker, der mit großen Worten um Sein oder Nichtsein seine Position schönredet: „Freiheit braucht Schutz, damit sie nicht in Willkür ausartet.“ In die pathetische Rede grätscht wieder einmal Hans Bermeter hinein, dieses Mal als Schauspielkollege Stephan. Der Fürstbischof, alias Ingo, verurteilt das Extemporieren des Kollegen aufs Schärfste: „Die Freiheit, die Du Dir herausnimmst, ist unser Zwang. Wir geraden aus dem Konzept...!“

Wenn Helden fallen

Das Spiel im Spiel zwischen der Realität von 1525 und 2025 ist schlüssig, scharfsinnig inszeniert und mit einer herausragenden Personenregie auf die Bühne gebracht. Eine Geschichtsstunde par excellence - unterhaltsam, kurzweilig und lebendig in Szene gesetzt von drei Schauspielern auf Augenhöhe (der vierte im Bunde, Rainer Appel, war erkrankt). Wie der Aufstand ausgeht, ist Geschichte, die vom Fürstbischof genau so prognostiziert wird: „Helden sind die Ersten, die ihre Köpfe verlieren, wenn die Revolution scheitert.“ Hans Bermeter wurde zum Führer und Sprecher eines Heereshaufen und am Ende des Tages vom Fürstbischof hingerichtet. Viele Tausende verloren im Bauerkrieg ihr Leben. Sonst blieb alles beim Alten!


Bildnachweis: Susanna Khoury

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