Leporello im Gespräch mit Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé

von Susanna Khoury (erschienen in Ausgabe 02/2011)

Ein gut aufgestellter Schweinfurter OB, der im Interview mit Leporello Chefredakteurin Susanna Khoury um keine Antwort verlegen ist.

Wenn ich aus dem Vollen schöpfen könnte, „stünde zunächst ein Industriemuseum auf meiner Agenda, dann die Erneuerung vieler alter Bauwerke, wie beispielsweise das alte Fachwerkhaus in der Oberen Straße, das im Krieg zerstört wurde und von dem nur noch das Erdgeschoß steht. Auf jeden Fall auch ein Fußgängersteg über den Main, der die Maininsel mit der Altsstadt verbindet, und vielleicht ein Gondeltransfer über den Main!“ Das waren die Antworten von Sebastian Remelé auf die Frage, welche Projekte er für Schweinfurt noch in Angriff nähme, wenn er ganz frei in seinen Entscheidungen wäre und Geld keine Rolle spielen würde.

Auch, wenn das mit der Gondel nur Träumerei bleiben sollte … - „Träume sind unerlässlich, wenn man Zukunft gestalten will“ (Victor Hugo). Und sicher stünde Schweinfurt nicht so gut da, wenn die Stadtoberhäupter nicht oftmals das Unmögliche geträumt hätten, um das Mögliche zu erreichen. Aber selbst ein Meer von Träumen hat ein anderes Ufer – also zurück zur Wirklichkeit: Was sind die konkreten Ziele Schweinfurts für die nächsten Jahre? „Den Standortfaktor „Kultur“ weiter zu festigen, den Hochschul- und Gesundheitssektor auszubauen, Schweinfurt für junge Familien noch interessanter zu gestalten, die Integration ausländischer Mitbürger weiter voranzutreiben und die Sanierung der Altstadt als bauliche Maßnahme, “ resümiert Schweinfurts Stadtoberhaupt mit fester Stimme. Der vierfache Vater weiß, wie wichtig es ist, konsequent zu sein, daher hat er auch einem Vorstoß im Schweinfurter Stadtrat, die Ausgaben für Kultur zu kürzen, vehement widersprochen. „So lange wir finanziell so dastehen, möchte ich den Kulturetat nicht antasten“, betont Oberbürgermeister Remelé, der in Personalunion auch Kulturreferent ist.

Kultur gehört für den 41jährigen zum Selbstverständnis einer Stadt. „Schweinfurt war keine Stadt, die man sowieso besucht. Zwischen Würzburg und Bamberg, Städten mit Weltkulturerbe, haben wir keinen leichten Stand. Wir müssen schon auf uns aufmerksam machen!“ 50.000 Besucher der Kunsthalle in Schweinfurt allein im letzten Jahr sprechen eine deutliche Sprache: Schweinfurt wird von Kulturliebhabern und Touristen angefahren und von Kongressveranstaltern angefragt. „Auch hier gibt nicht nur die gute Verkehrsanbindung den Ausschlag für den Konferenzstandort Schweinfurt, sondern vor allem die „Kultur“, die das Rahmenprogramm gestaltet – auch mit einem Theater, das großartige Ensembles aus Deutschland und aller Welt auf die Bühne holt,“ insistiert Sebastian Remelé. Und nicht ohne Stolz führt der in einem Kultur beflissenen Elternhaus aufgewachsene Jurist das Festival ins Feld, das jedes Jahr Tausende Besucher aus Nah und Fern anzieht, den „Schweinfurter „Nachsommer“.

„Ich habe selbst Geige und Schlagzeug gelernt, Kultur war von Anfang an Bestandteil meiner Erziehung“, erzählt Remelé. Und so bringt er wiederum seinen Kindern Kultur nahe…. „Kinder nähern sich heute über die Form dem Inhalt an, daher ist es wichtig, für Kultureinrichtungen auf den Zug der Zeit aufzuspringen und so interaktiv wie möglich ihre Inhalte anzubieten“, so Remelé. Eine Hörinsel in der Kunsthalle Schweinfurt ist ein Anfang, eine Reise in die virtuelle Vergangenheit der Industriestadt Schweinfurt im Cyber Space Zukunftsmusik…?

Bildnachweis: Jendryssek, Böhm

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