Annäherung an das Thema Glück, Teil 2

von Susanna Khoury (erschienen in Ausgabe 7-9/2011)

„ Und doch, welch ein Glück geliebt zu werden. Und lieben Götter,welch ein Glück!"

Im Juni-Leporello haben wir die Büchse der Pandora geöffnet und angefangen der Frage nachzugehen: „Was ist Glück?“ Auch, wenn es die eine zufriedenstellende Antwort nicht geben sollte, Facetten der Wahrheit sind bei den Antworten unserer Probanden schon aufgeblitzt und so versuchen wir im Juli erneut unser Glück, dem Glück auf die Spur zu kommen.

Glück hat viele Namen, außer im Deutschen. Keine Ahnung, ob es so glücklich ist, nur ein Wort für Glück zu haben? Im Französischen gibt es „fortune“ und „chance“ für „Glück haben“, „plaisir“ für „Glücksmomente erleben“ und „bonheur“ für „dauerhaft glücklich sein“.

Die Briten, wer hätte das gedacht, setzen noch einen drauf: „luck“ steht für „Glück haben“, „pleasure“ für „Glück erleben“, „happiness“ für „dauerhaft glücklich leben“ und „serendipity“ für „einen glücklichen Zufall“, dafür, dass man etwas findet, was man nicht gesucht hat, das einen glücklich macht. Wenn man hört, dass die Eskimos allein zehn verschiedene Wörter für „weiß“ haben, und weiß, dass diese Tatsache die Lebensumwelt und die Beschäftigung mit ihr widerspiegelt, stimmt es schon bedenklich, dass es im Deutschen nur ein einziges Wort für „Glück“ gibt. Das sollten wir ändern!

Dr. Eckart von Hirschhausen hat damit schon begonnenund zwar in seinem Buch „Glück kommt selten allein…“. Hier spricht er von fünf Kategorien des „Glück“: das Glück des Zufalls, das Glück der Gemeinschaft, das Glück des Augenblicks, das Glück der Fülle und das Glück der Selbstüberwindung. Das hört sich schon besser an. Auch wir haben mehr als eine Quelle des Glücks, auch wenn wir für die anderen vier keine wohlklingenden Wörter haben. Geschenkt!

Die Glücksforschung beschäftigt sich mit Glück als Gefühl und auch als Zustand, in dem sich ein Mensch befindet und der sich durch ein allgemeines, oftmals unbewusstes Wohlbefinden auszeichnet. Ausschlaggebend sind dabei keine objektiv messbaren Faktoren, sondern das subjektive Empfinden der jeweiligen Person. Was die Sache nicht unbedingt einfacher macht.

Der amerikanische Schriftsteller Nicholas Comfort hat es so formuliert: „Es ist schwer das Glück in uns zu finden, es ist unmöglich, es anderswo zu finden!“ Fokussieren wir also die fünf Kategorien: Das Glück des Zufalls ist beispielsweise ein Lottogewinn. Dieses Glück wollen wir vernachlässigen, denn es macht nicht wirklich glücklich. Nicht weil Geld den Charakter verdirbt, sondern weil es wissenschaftlich erwiesen ist: Im Jaguar wird genauso viel geheult wie im Bus!

Kommen wir zum Glück der Gemeinschaft: Da verhält es sich schon anders. Liebe, Freundschaft und Familie sind die größten Quellen für Glück, leider auch für Unglück. Aber bekanntlich hat jede Münze ihre zwei Seiten, eine aus Schokolade und eine andere. Aber dennoch gehen wir mit der deutschen Literatin Marie von Ebner-Eschenbach d´accord: „Man muss sein Glück teilen, um es zu multiplizieren.“

Umgib dich mit Menschen, die dir gut tun und dir Gutes wollen, denn sie bestimmen dein Schicksal, dein Glück und dein Unglück. Das wusste schon Albert Einstein: „Ein Freund ist ein Mensch, der die Melodie deines Herzens kennt und sie dir vorspielt, wenn du sie vergessen hast.“ Hört sich gar nicht nach kühlem Rechner an. Ist aber so. Laut einer Studie der Universität Oxford sind Freunde die größte Quelle für Glück… Vonwegen alles ist relativ!

Der englische Sozialpsychologe Michael Argyle hat herausgefunden, dass eine auf Sympathie beruhende Anteilnahme des Anderen unser Selbstwertgefühl erhöht und uns glücklich macht. Und wenn einem erst jemand tief in die Augen schaut: Liebe gehört zu den Glücksspendern erster Güte: Und das mit den Augen ist gar nicht so weit hergeholt. Denn wirkliche Liebe hat viel mit der Augenbewegung zu tun: dabei geht es nicht darum, sich zuzublinzeln wie beim Flirten, oder sich wie Verliebte tief in die Augen zu schauen, auch nicht darum, wie Desillusionierte, allen Seiten Blicke zuzuwerfen. Es geht vielmehr darum, gemeinsam in eine Richtung zu sehen, am besten parallel. Denn Parallelen schneiden sich im Unendlichen, manchmal auch früher…

Dazu der Kommentar von Johann Wolfgang von Goethe: „Und doch, welch ein Glück geliebt zu werden. Und lieben Götter, welch ein Glück!“ Kommen wir zur Glücks- Kategorie drei, dem Glück des Augenblicks, dem Genuss. „Wer nicht genießt, wird ungenießbar“, singt Konstantin Wecker. Aber wo man durch übermäßigen Genuss landen kann, hat er uns auch vorgelebt… Hier gilt es die Balance zu halten. Aufhören, wenn es am schönsten ist ? Vielleicht!?

Erwiesen ist auf jeden Fall von der Glücksforschung, dass sich Genuss nicht durch Wiederholung ins Unermessliche steigern lässt. Also Schluss mit dem Genuss? Mitnichten! Achtsam, aufmerksam genießen oder um erneut Goethe zu zitieren: „Denn das ist eben die Eigenschaft der wahren Aufmerksamkeit, dass sich im Augenblick das Nichts zu Allem macht!“

Ähnlich verhält es sich mit dem Glück der Fülle: das umfasst Gänsehautmomente wie sie beim Besuch eines außergewöhnlichen Konzertes entstehen, beim Beobachten eines Naturschauspiels oder beim Sex. Jeder dürfte wissen, was gemeint ist. Auch diese Glücksmomente dauern gefühlt nur einen Wimpernschlag und lassen sich nicht konservieren.

Bevor wir für dieses Mal schließen, sei die Anmerkung erlaubt, dass wir die fünfte Kategorie das Glück der Selbstüberwindung auf den Herbst verlegen. Hier geht es um „flow“, um Selbstverwirklichung und Selbstfindung und darum, wie viel Glück wir erleben, wenn wir Wertschätzung erfahren, für das, was wir geleistet haben.

In diesem Sinne … einen schönen Sommer mit vielen Gänsehautmomenten und Augenblicken des Glücks!

Anzeigen