Annäherung an das Thema Glück, Teil 3

von Susanna Khoury (erschienen in Ausgabe 9/2011)

„Glück liegt nicht darin, dass man tut, was man mag, sondern mag, was man tut! - Ein weiterer Versuch der Annäherung an den Begriff „Glück“.

 Nach wie vor versuchen wir dem Glück auf die Sprünge zu helfen, respektive auf die Spur zu kommen. Ein hehres Unterfangen, wohl wahr. Aber „dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füße“, sagt der deutsche Essayist Martin Walser. Und da wären wir auch schon bei dem Verständnis von Glück, das der amerikanische Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi propagiert: Glück ist „Flow“, was so viel heißt, wie „im Fluss sein“.

Nachdem wir in der vergangenen Leporelloausgabe das „private“ Glück in den Fokus gerückt haben, richten wir nun den Blick auf das Glück, das entsteht, wenn man sich für etwas Sinnvolles anstrengt. Das sind meist Herausforderungen, denen man sich im Beruf stellt, Herausforderungen, an denen man wächst. „Glück liegt nicht darin, dass man tut, was man mag, sondern mag, was man tut“, verteidigte Sir James Matthew Barrie seine Schriftstellerlaufbahn.

In seinem Buch „Glück kommt selten allein …“ definiert Eckhart von Hirschhausen den „Flow“- Gedanken so: „Glück ist es, in einer Aufgabe aufzugehen.“ In Bewegung sein, ohne in Hektik zu verfallen, ein Ziel vor Augen ohne diesem hinterherzujagen, Konzentration auf ein Sujet ohne besessen zu fokussieren, ein Gefühl von Kontrolle ohne strikte Begrenzungen, das ist im Wesentlichen „Flow“.

Eine Mischung aus Zen-mäßiger Achtsamkeit und sportlichem Ehrgeiz gerichtet auf etwas, das man gerne erreichen möchte. Wer es dabei schafft, die Mitte zwischen Herausforderungen und Fertigkeiten zu halten, bei dem schlagen die Wogen der Glücksgefühle hoch, und wenn dies mehrmals die Woche geschieht, hat man seinen Traumjob gefunden. Bezeichnend für das „Flow“-Glück ist, dass die Gefühle auf dem Weg zum Ziel stärker ausgeprägt sind als nachdem das Ziel erreicht ist.

Die österreichische Novellistin bestätigt das aus ihrer Sicht, indem sie sagt: „Am Ziel deiner Wünsche wirst du auf jeden Fall eins vermissen, das Wandern zum Ziel.“ Wer jetzt glaubt, bei „Flow“ ist der Weg das Ziel, täuscht sich, das wäre zu einfach. Es ist eher so, dass man im richtigen „Flow“ sein Ziel so unbeabsichtigt verfolgt als hätte man keins, mit der Freude am Ausprobieren, dem spielerischen Umgang mit Trial und Error und der Leichtigkeit des Seins. Eine wichtige Voraussetzung ganz im „Flow“ seines Schaffens aufgehen zu können, ist ungeteilte Aufmerksamkeit, die man seinem Tun widmen sollte, die Zen-mäßige Konzentration auf das Tun.

Eine Voraussetzung, die in Zeiten von Multimedia ein schwieriges Unterfangen ist. Wie unerzogene Kinder plärren Smartphones mitten hinein in höchste Konzentration und lassen den Gedankenfluss abreißen bevor er sich noch zum mitreißenden „Flow“ generiert hat. Wir opfern das Glück des „Flows“ allzu oft auf dem Altar vermeintlicher Dringlichkeit und beklagen dann die fehlende Zeit für die Realisierung unserer Pläne. Die Kommunikationsbranche hat ihre Siebenmeilenstiefel im 21.Jahrhunderts so richtig eingelaufen und ist weiter auf dem Vormarsch.

Das Kernproblem gab es jedoch schon im 19. Jahrhundert (auch, wenn es damals noch in den Kinderschuhen steckte) nach Äußerungen des deutschen Lyrikers Friedrich von Bodenstedt: „Zwei Dinge sind schädlich für jeden, der die Stufen des Glücks ersteigen will: Schweigen, wenn es Zeit ist, zu reden und zu reden, wenn es Zeit ist zu schweigen“. Dabei sein ist alles …, und zwar ganz bei der Sache! „Flow“ ist konzentrierte geistige Abwesenheit, aktive Passivität, ein Paradoxon, das eigentlich keines ist. In Sachen „Glück“ stößt man oft auf Paradoxes, zumindest, wenn wir das Sujet mit unserem Verstand betrachten (leider haben wir ja keinen anderen zur Verfügung). Das Problem dabei, wir können nur reflektieren, was wir kennen, daher ist es wirklich schwer, sich dem Glück anzunähern, da es uns immer nur Facetten seines Charakters zeigt.

Der deutsche Dichter Friedrich Georg Jünger gab zu bedenken, dass sich uns das Denken nicht freistelle, von dem, was wir bedenken. Von daher geht das muntere Rätselraten von Jahrhundert zu Jahrhundert und von Generation zu Generation weiter: Was ist Glück? Vom dänischen Philosophen Soren Kierkegaard haben wir gelernt, die Tür ins Reich des Glücks geht nach innen auf. Leicht holt man sich eine blutige Nase, wenn man sie mit Gewalt aufstoßen will.

Der Schlüssel zum Schloss steckt sowieso, und wenn man einen Schritt zurücktreten würde, ginge sie von selbst auf. Glück ist nicht „machbar“, es entzieht sich in genau dem Maße, wie man versucht es zu binden. „Eine der besten Methoden sich selbst glücklich zu machen“, schreibt Gretchen von Rubin in ihrem Buch „Das Happiness-Projekt“, „besteht darin, andere glücklich zu machen! Und eine der besten Methoden andere glücklich zu machen, besteht darin, selbst glücklich zu sein!“

Inwieweit das Verhältnis von Altruismus und Glück ausgewogen ist, das erforschen wir in der nächsten Leporelloausgabe. Bis dahin allen eine glückliche Zeit und ganz viel „Flow“!

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