Annäherung an das Thema Glück, Teil 6

von Susanna Khoury (erschienen in Ausgabe 12/2011)

„Mit kühlem Kopf denken, mit heißem Herz handeln, lauwarm ist nur die Langeweile!“

„Mehr als mit dem Verstand, denkst du mit dem Herzen. Du siehst die Menschen und Dinge mit deinem Herzen ... was dein Herz mag, dafür wirst du dich einsetzen, mit ganzem Kopf und aller Kraft.

Ideen, Weltanschauung, Politik: dein Herz wählt, wofür du kämpfst. Das Herz macht den Verstand hell und es macht ihn finster. Das richtige Maß des Herzens bestimmt die Leidenschaft!“. Phil Bosmans, belgischer Schriftsteller und „moderner Franziskus“, beschreibt einen ganz einfachen Weg zum Glück, nämlich den des Herzens.

Der Verstand unterscheidet, das Herz entscheidet, wie es bereits aus den Liedtexten des österreichischen Musikers Peter Horton tönte. Schnulzig, vielleicht, aber wahr! 90 Prozent aller Entscheidungen fallen auf der Sympathieebene, nicht auf der Sachebene, so das Wirtschaftslexikon24 net. Und der Spruch: „Mit kühlen Kopf denken und mit heißem Herz handeln, lauwarm ist nur die Langeweile!“, der plakativ auf der Fassade eines Münchner Bürohauses prangt, in dem eine Werbeagentur beherbergt ist, kommt auch nicht von ungefähr.

Quod erat demonstrandum! Daher verwundert es auch nicht, dass die Autoren Jon Christoph Berndt und Christine Keller in ihrem Buch „50 einfache Wege zum Glück“ als Weg 35 die „Herzenskarriere“ propagieren. „Karriere“ wurde lange Zeit mit den Begriffen Geld, Einfluss und Macht verbunden. Das „Radfahrerprinzip“ griff: nach oben buckeln, nach unten treten und den Blick stur auf die nächste Stufe der Karriereleiter gerichtet, koste es, was es wolle.

Zum Beispiel die Gesundheit, Schlaf, Ausgeglichenheit, Freunde und Beziehungen ... Karriere besessene Menschen sind auf der „Dauerflucht“, so der Schweizer Schriftsteller Frank Nager in der Luzerner Zeitung. „Ich haste, ich hetze – also bin ich!“ Stop! Pause - im Multitasking- Stakkato. Die Zeit dafür ist jetzt! Herzenskarriere ist angesagt, warum? Weil wirklich stimmige Entscheidungen sowieso nur mit dem Bauch, respektive dem Herzen, gefällt werden. Emotionale Intelligenz heißt das Stichwort.

Welche Entscheidung man auch immer trifft, sie hat ihren Preis. Wenn man sie schon mit Herzblut trifft, sollte sie auch mit Glücksnuggets belohnt werden. Oder um mit den Worten des englischen Schriftstellers Aldous Huxley zu sprechen: „Es gibt Leute, deren Herzen gerade in dem Grad einschrumpfen, als ihre Geldbeutel sich erweitern. Helfen Sie mit, dass die Herzensgröße zuerst kommt! Dann können die Geldbörsen ja nachwachsen.“

Wahrer Reichtum ist mehr als Geld und Prestige, wahrer Reichtum ist innerer Reichtum. Dazu gehören Herzenswärme, Dankbarkeit und der Blick für das Wesentliche. „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ (aus „Der kleine Prinz“ von Antoine Saint d´Exupery). Statussymbole und Trophäen welcher Art auch immer haben kurze Halbwertszeiten.

Parameter für den Herzensstatus sind: Freunde, gegenseitige Unterstützung und Wertschätzung und sinnstiftende Beziehungen. Einer der zentralsten Faktoren für Glück nach dem aktuellen Stand der Forschung ist das „Füreinander da sein“, die gegenseitige Unterstützung. A friend in need, is a friend indeed! (ein Freund in der Not, ist ein wirklicher Freund!) Man wird geschätzt um seiner selbst willen, ohne Kalkül und Vorteilsstreben. Die Freundschaft beruht auf Vertrauen, Aufrichtigkeit und gegenseitiger Wertschätzung.

Das macht nicht nur glücklich, sondern ist auch „gesund“. „Medizin heute“ veröffentlichte, dass bei der Erfahrung der Wertschätzung das Herz besonders ruhig schlage und am effizientesten arbeite und die Abwehrkräfte im Körper sehr stark seien. Auch hier hilft der Blick für das Wesentliche, dann nämlich, wenn man irgendwann erkennt, dass man nicht der Nabel der Welt ist, sondern abhängig von anderen Menschen und auch Lebensumständen.

Zudem eingebettet in ein System, das nur im wertschätzenden Miteinander rund läuft. Und, dass man nicht der Größte ist, sondern Teil eines großen Ganzen. Diese Erkenntnis wiederum verhilft einem zu Demut und Dankbarkeit, die Ingredienzien für Glück in der östlichen Spiritualität.

In Japan beispielsweise ist es ganz normal, dass ein weltoffener, erfolgreicher, gutes Geld verdienender Manager sich vor ein paar ausgelatschten Turnschuhen verneigt. Warum? Er zeigt sich damit achtsam und ist demütig und dankbar der alltäglichen Sache gegenüber. Er lässt einem Gegenstand Wertschätzung angedeihen, der ihm täglich zu Wohlbefinden behilft und ihn trockenen Fußes überall hin bringt.

Von Gegenständen soll noch gar nicht die Rede sein, wir in der westlichen Welt schaffen es bisweilen nicht einmal, unseren Mitmenschen Wertschätzung gegenüber aufzubringen, und wundern uns warum wir unglücklich sind!

Bildnachweis: Privat

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