Leporello spricht mit Würzburgs Oberbürgermeister zum Auftakt des Europajahrs

von Susanna Khoury (erschienen in Ausgabe 03/2013)

Der damalige Lord Provost von Dundee, MEB (Member of the British Empire) John Letford vor der berühmten Ciard Hall in Dundee mit Oberbürgermeister Georg Rosenthal (links) und Hanna Rosenthal (rechts).Er selbst hat seine ersten vorsichtigen Schritte gen Europa als Austauschschüler nach England gemacht.

„Damals habe ich noch nicht in dem Maße wie heute über Europa reflektiert“, erzählt Oberbürgermeister Georg Rosenthal im Interview.

„Ich suchte aber auch schon Antworten auf kulturelle Fragen“. Auf Spurensuche gehen, fand er schon in den 60er Jahren toll! Rund 50 Jahre später, als Stadtoberhaupt von Würzburg, ist er Gastgeber der kommenden Vollversammlung der Europapreisträgerstädte vom 2. bis 5. Mai. Würzburg bekam die höchste Auszeichnung, die der Europarat vergibt, am 14. Oktober 1973 verliehen.

„In den Reigen der Europapreisträgerstädte wird man aufgenommen“, so Georg Rosenthal, „wenn man sich aktiv für den europäischen Gedanken einsetzt und diesen nachhaltig lebt“.

Europajahr & Kultur

Würzburg war die fünfte deutsche Stadt, die diese Titelauszeichnung bekam. „40 Jahre Europreis“ wird von Mai bis Oktober mit zahlreichen Veranstaltungen in Würzburg gefeiert.

Neben der Vollversammlung, die als Schwerpunktthema die Jugendarbeitslosigkeit in Europa behandelt, treten das ganze Europajahr über vor allem kulturelle Erscheinungen aus dem Schatten ins Licht:

Von der Verleihung des Peter C. Ruppert Preises für Konkrete Kunst in Europa an Dóra Maurer (Budapest) über ein Kammerkonzert des Duos Prometheus des Conservatorio de Música de Salamanca (aus Würzburgs spanischer Partnerstadt), der Ballettgala „Europa tanzt“ im Mainfranken Theater, einem europäischen Frauenkongress der Akademie Frankenwarte, Stadtrundgängen zu Schweden, Italien, Frankreich oder den britischen Inseln bis zu einem Vortrag des Wirtschaftsweisen Dr. Peter Bofinger mit dem Thema „Kann die Wirtschaft ohne Schulden wachsen?“.

Unter dem Motto „miteinander. mehr – better.together“ wird es rund 50 Veranstaltungen 2013 zu Europa in Würzburg geben (in Kürze festgehalten und gebündelt in einer Broschüre der Stadt).

Aber nicht nur in seinen kulturellen Aktivitäten gibt sich Würzburg europäisch und das auch nicht „erst“ seit 40 Jahren. Völkerwanderung ist ja kein neues Phänomen, früher wie heute hat man wegen der Arbeit oder der Freiheit oftmals die Heimat verlassen.

„Venezianische Kaufleute erhielten Bürgerrechte und waren gewählte Vertreter im Würzburger Stadtrat, der Fürstbischof holte sich einen Italiener, der damals teuer war, für den Bau seiner Residenz, Oegg kam auch nicht aus Würzburg, sondern aus Tirol, Balthasar Neumann aus Eger und die Stuckateure, die die Residenz nach dem Krieg wieder aufgebaut haben, aus Polen.

Streng genommen - schuldet Würzburg sein Weltkulturerbe Europa? „Wie viel wir gegeben und wie viel wir genommen haben, das kann man irgendwann nicht mehr klar benennen. Im Bauhaus, im Jazz, oder im Art déco ist das aber auch so. Einflüsse überlappen sich und alles wird zu einem großen Schmelztiegel!“

In der Kultur war das schon immer so – ein einziger „melting pot“. „Das gehört aber auch zu dem Bild, das wir von einer sich immer enger verzahnenden Welt zu Recht haben“, so Georg Rosenthal.

„Man darf auch nicht vergessen, dass Deutschland den europäischen Gedanken auch deswegen so vehement unterstützt hat, um wieder in die europäische Familie aufgenommen zu werden, nach den Kriegen, die von deutschem Boden ausgegangen sind“, betont Rosenthal weiter.

Was ich mir wünsche ist einfach interkulturelle Kompetenz!“

Das Interview mit Würzburgs Oberbürgermeister Georg Rosenthal führte Leporello-Chefredakteurin Susanna Khoury.

Bildnachweis: Barklind-Schwander

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