Geballte Kulturkompetenz auf Facebook: Leporello und das Kulturnetzwerk Unterfranken

von Nicole Oppelt (erschienen in Ausgabe 6/2010)

Wenn Sie diese Zeilen lesen, könnte die Sache schon wieder ganz anders aussehen. Das Internet ist schnell. Alles dreht sich binnen Sekunden. Dennoch birgt es eine dauerhafte Komponente. Es dient Millionen Menschen dazu, sich in sozialen Netzwerken (social media) anzufreunden und Informationen auszutauschen. Diesen Gedanken hatten auch die beiden Leporello-Chefredakteurinnen Susanna Khoury und Petra Jendryssek als sie sich kürzlich dazu entschlossen, ihr Kulturmagazin auf eine neue Stufe zu stellen. Seit 2002 beschreiben sie sowohl per Print als auch per Homepage die kulturelle Vielfalt Mainfrankens. Nun, acht Jahre später, vernetzen sie sich über eine eigene Facebook-Präsenz. Im Web 2.0 soll das weitergehen, was schon im richtigen Leben hervorragend funktioniert: ein kreatives Zusammenspiel Kulturinteressierter und -schaffender mit einem Faible für die eigene Region. Dieses Ziel strebt auch Alexander von Halem an. Mitte Mai, kurz nach dem Start von Leporello, tat er es den beiden Damen gleich. Der Eigentümer von Schloss Zeilitzheim rief das „Kulturnetzwerk Unterfranken“ auf Facebook ins Leben. Übrigens dem größten und bekanntesten Netzwerk seiner Art. 400 Millionen Nutzer hat die 2004 initiierte Plattform bisher angezogen. Der gebürtige US-Amerikaner weiß, „gemeinsam kann man viel bewegen“. Eine regionale „Instanz für hochwertige Kultur“ in Form einer „community page“ soll entstehen. Dabei verdeutlicht das „Kulturnetzwerk Unterfranken“ schon jetzt: Konkurrenz gibt es nicht. „Jeder entscheidet für sich, was er in jedem gegebenen Moment an kulturellen Inhalten besuchen oder genießen möchte“, erläutert von Halem seine Vorstellung vom künftigen Miteinander. Alle sind eingeladen, sich zu vernetzen. Noch steckt das Projekt in den Kinderschuhen. Doch täglich werden es mehr. Das Ganze soll „ungezwungen, informell, freundschaftlich“ und vor allem nicht überstürzt ablaufen, betont der leidenschaftliche Blogger. „Ich trage die Idee, die Akteure aus Kunst und Kultur miteinander stärker zu vernetzen, schon lange in mir“, blickt er zurück. „Ausschlaggebend war dann ein Blogartikel des Wiener Kulturmanagement-Bloggers Christian Henner-Fehr: ‚Die Drei Stufen der Vernetzung’ in dem er die Frage aufwirft, warum zwar mehr und mehr Kulturveranstalter und Orchester bloggen oder bei Facebook zu finden sind, diese jedoch noch kaum miteinander online reden. Da dachte ich mir: warum eigentlich nicht, wenn es doch so einfach ist!“ Und das war es dann auch: Positiv sei er überrascht, dass die von ihm eingeladenen Personen spontan beigetreten seien, erste Beiträge gepostet und wiederum andere zum Beitritt animiert hätten. „Dass auch schon Vertreter der regionalen Politik und aus der Presse der Seite beigetreten sind, freut mich besonders“, betont der Initiator. Oft habe er das Gefühl, dass Kunst und Kultur es noch immer schwer hätten, in der regionalen Gesellschaft und Presse anerkannt zu werden. „Unterfranken ist reich an kulturellen Angeboten, Orten, Menschen, die jedoch noch viel zu wenig miteinander reden. Unterfranken braucht das Netzwerk, damit die Akteure ihre Erfahrungen austauschen können und voneinander lernen“, fasst er die Notwendigkeit der Facebook- Präsenz zusammen. Die Entdeckung interessanter Inhalte und ein offener, konstruktiver Diskurs stehen jetzt im Vordergrund. Sicherlich, räumt er ein, gehe es auch ohne "Web 2.0". Auf seine Vorteile zu verzichten wäre allerdings leichtsinnig. „Es kostet nichts - außer Zeit. Und von der nur so viel, wie jeder Einzelne bereit ist zu investieren“, gibt er allen Interessierten mit auf den Weg. Auch für nicht registrierte Nutzer gibt es eine Lösung. „Ich habe auf der Facebook ‚landing page’ des Netzwerks einen Link zu einem Blog sowie eine Email-Anschrift für den direkten Kontakt angegeben.“ Der Anfang ist gemacht und auch die Macherinnen von Leporello zeigen sich von seinen Ideen begeistert. Gemeinsam mit von Halem und Markus Rakowsky moderieren sie das gerade enstehende Netzwerk. Neue, kreative Geister jederzeit herzlich willkommen.

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