Die Kunst- und Kulturszene befindet sich derzeit in einer prekären Situation. Mit diversen Aktionen versuchen die Kulturschaffenden das Beste aus ihrer momentanen Lage zu machen. Einer, der sich kreativ mit dieser Zeit auseinandersetzt, ist Stephen Keise. Am 1. April ist seine neue Single „Nur Soziales ist Wahres“ auf Reggaeville erschienen. Darin geht es ihm aber nicht um seine eigenen Belange als Künstler. Er richtet die Aufmerksamkeit auf all jene Menschen, die momentan in sozialen Berufen stark gefordert sind.
„Wer in diesen Tagen an einer Supermarktkasse sitzt oder Regale befüllt, der macht einen der schwersten Jobs, die es zur Zeit gibt. Danke, dass Sie da sind für Ihre Mitbürger und buchstäblich den Laden am Laufen halten“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer ersten Corona-Ansprache. Aber: So wohltuend der persönliche Dank der Regierungschefin ist, die Realität jenseits von Corona sieht anders aus. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat das gesellschaftliche Ansehen von systemrelevanten Berufen untersucht. Das Ergebnis ist nicht gerade rosig: „Das gesellschaftliche Ansehen vieler systemrelevanter Berufe, also Krankenpfleger, Altenpfleger, Reinigungskräfte, Sicherheit, aber auch Verkäufer im Supermarkt ist relativ gering“, zitieren mehrere Medien DIW-Direktor Marcel Fratzscher. Von einer unterdurchschnittlichen Bezahlung einmal abgesehen.
Wertschätzung durch Musik
Stephen Keise weiß, wovon er spricht, wenn er nun singt „Nur Soziales ist Wahres“. Als Erzieher und mit vielen Freunden in eben jenen systemrelevanten Berufen, seien solche Erkenntnisse für ihn nichts Neues, berichtet er im Video-Interview. Hautnah bekomme er mit, welche harten Zeiten sie durchstehen müssten – nicht nur im Augenblick. Dass er mit seinen Zeilen gerade einen Nerv trifft, sei daher so gar nicht geplant gewesen, gesteht der Familienvater für den das Thema ein echter Dauerbrenner ist. „Corona hatten wir zum Zeitpunkt der Produktion noch nicht wirklich auf dem Schirm.“ Umso schöner sei es, dass er im Augenblick viel positive Rückmeldung aus seinem Umfeld bekäme, dass der Song den Betroffenen jetzt helfe. „Ich bin wirklich dankbar, dass ich ihnen mit meinem Song etwas Wertschätzung geben kann. Sie machen eine sehr wichtige Arbeit, die genauso relevant ist wie die aller Mitglieder in einer funktionierenden Gesellschaft.“
„Wir arbeiten alle zusammen und geben unser Bestes.“
Stephen Keise besingt in seinem Song, die besonderen Qualitäten, die Menschen in sozialen Berufen mitbringen und welche Leistungen sie Tag für Tag vollbringen. Er gibt aber auch Denkanstöße für alle, die wenig bis nichts damit zu tun haben. „Meine Kolleginnen und Kollegen auf der Arbeit – wie auch ich selbst – erleben momentan eine seltsame Situation“, erzählt der Musiker. „Auf der einen Seite möchte man natürlich helfen. Auf der anderen Seite riskiert man unter Umständen auch sein Leben. Der Extremfall ist da. Damit muss man auch selbst erst einmal klarkommen. Doch wir arbeiten alle zusammen und geben unser Bestes.“ Die Menschen in den Pflegeberufen seien die selbstlosesten, die er je kennen gelernt habe. „Man kann sich nicht vorstellen, was sie leisten. Man muss es selbst einmal gemacht haben“, so Keise, der seinen Zivildienst vor vielen Jahren in einem Kölner Krankenhaus absolviert hat. Doch die harte Arbeit lohne, betont er immer wieder. „Man bekommt so viel zurück.“
Die Atmosphäre sei auch in seinem eigenen Tätigkeitsfeld sehr angespannt, berichtet er. Neben Corona gebe es kaum ein anderes Thema. Es seien nur kurze Momente, die die Pandemie in den Hintergrund treten ließen. „Man geht da durch, versucht sich, etwa mit Näh-Aktionen, für die Gesellschaft zu engagieren. Und man wächst zusammen.“
„Es ist eine Zeit mit viel Potenzial.“
Und es scheint sich tatsächlich etwas zu tun. Das Problem ist in der Politik angekommen. Das zeigt zum Beispiel die Aussage von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, wenn er sagt: „Wir sehen gerade in dieser Zeit, dass die Leistungsträger nicht immer die sind mit Anzug und Krawatte, sondern die im Kittel, die in der Altenpflege, vor allen Dingen auch in der Krankenpflege arbeiten und die sich um die Schwächsten kümmern. Und das sind die Kassiererinnen, über die so viel gesprochen wird, die brauchen tatsächlich mehr als Applaus und Merci-Schokolade, die brauchen einfach bessere Bezahlung, dafür müssen wir sorgen“.
Natürlich wünscht sich auch Stephen Keise, dass sich etwas verändert. „Es ist definitiv eine Zeit mit viel Potenzial. Vielen Menschen in sozialen Berufen sei tatsächlich schon etwas geholfen, wenn man ihnen etwas mehr Wertschätzung entgegenbringt und deren Aktionen, wie Bilder malen oder Briefe an Senioren schreiben, unterstützt.“ Er betont aber auch: „Wir können von niemandem etwas verlangen.“ Der Erzieher betrachtet die aktuelle Situation insgesamt also weitaus pragmatischer als mancher Zeitgenosse, der schon jetzt den großen gesellschaftlichen Wandel sieht. „Meiner Erfahrung nach werden die Menschen langfristig so weitermachen wie bisher. Sie ändern sich nicht, ganz gleich, was passiert.“ Natürlich hofft er aber gleichzeitig, dass jenen, die durch Corona zu Schaden gekommen sind, schnellstmöglich geholfen werde.
Sein Appell an alle fällt deshalb entsprechend aus: „Bleibt zuhause. Wir stehen das zusammen durch. Es wird auf jeden Fall weitergehen!“ Gemeinsam mit seiner Familie hält er sich definitiv daran. Und er nutzt die Zeit. Nach seinem von Andy und Pete Jung aus Köln komponierten Song „Nur Soziales ist Wahres“, ist schon in diesem Sommer das nächste „große Ding“ geplant. Dann soll nach vier Jahren Arbeit Stephen Keise‘ Album erscheinen. Und auch hier lautet das Motto „Nur Soziales ist Wahres“…
Mehr unter: www.stephenkeise.com
Link zum Video:
https://www.youtube.com/watch?v=85AtqN2d2g4