Im November 2018 ist die erste CD mit fränkischen Kinderliedern erschienen

von Nicole Oppelt

Dialekt ist ein wichtiges Kulturgut: David Saam hat seine 9000 Euro Preisgeld gut investiert. Foto: N. Oppelt„Bridschäbraad“, „Giegerla Gögerla“ oder „Do dunne, do doube“ – Na, habt Ihr erkannt, was das wohl heißen mag? Falls nicht, kann Euch David Saam mit seiner CD „Hobbädihö“ sicher auf die Sprünge helfen. 2017 erhielt der Musikethnologe aus Heroldsbach bei Forchheim das Kunststipendium der Stadt Bamberg und damit die Möglichkeit, eine seit langem gehegte Idee endlich umzusetzen: Eine CD mit kindertauglichen Dialektliedern. Die gab es bis jetzt nämlich noch nicht.

Ein Unding, wie der BR-Moderator und umtriebige Musiker fand. Und nicht nur er. Auch die Forschungsstelle für fränkische Volksmusik, der Bayerische Landesverein für Heimatpflege und Werner Aumüller von BR Heimat aus dem Studio Franken waren überzeugt: Es ist an der Zeit, das zu ändern.

Gesagt, getan: Gemeinsam mit seiner Band „Boxgalopp“ und bekannten Gästen, wie der Kabarettist Matthias Egersdörfer und die Band „Gankino Circus“, der Liedermacher Wolfgang Buck, die A-Capella-Truppe „Viva Voce“, die Schauspielerin Hanna Plaß, der „Subway-to-Sally“-Trommler Simon Michael sowie vielen befreundeten Musikern, unter anderen von der „Kapelle Rohrfrei“, hat er sich auf ins Studio gemacht, um fränkische Mundart künftig wieder in jedes Kinderzimmer zu tragen. Unterstützt wurden die Erwachsenen dabei vom Kinderchor aus Bad Berneck, Kindern von Freunden aus Ansbach sowie von Verwandten und den eigenen Kindern der Band.

... plötzlich macht alles Sinn

Was jetzt schon aufwändig klingt, war tatsächlich noch deutlich mehr Arbeit. Denn wie sollte man überhaupt an die regionalen Perlen kommen? Gemeinsam mit dem BR Studio Franken startete er deshalb im April 2017 einen Aufruf und suchte Mundart-Kinderlieder in ganz Franken. „Wir waren uns am Anfang nicht sicher, ob wir überhaupt etwas bekommen würden“, erinnert sich David Saam. Am Ende ging alles gut. „Uns haben rund 100 Personen um die 180 Lieder mit insgesamt 340 Strophen zukommen lassen. Darunter waren auch Mehrfachnennungen“, so seine Bilanz. Bei den meisten der eingesendeten Lieder seien die Urheber unbekannt. Durch mündliches Weitergeben hätten sich im Laufe der Zeit verschiedene Versionen ergeben. „Ein paar Lieder sind uns aber bereits von Archivaufnahmen oder aus Liederbüchern bekannt gewesen. Darunter sind auch welche, von denen wir wissen, wer sie geschrieben hat. Außerdem haben auch jetzt lebende Autoren ihre neukomponierten Kinderlieder eingesendet. Viele schöne Sachen haben wir bekommen, da hätten wir gleich mehrere CDs machen können.“

Hier eine Auswahl zu treffen und die Sachen neu zu arrangieren, sei nicht leicht gewesen, gesteht der Vater einer Tochter. „Zum Glück macht diese kreative Arbeit aber auch sehr viel Spaß! Ich konnte verschiedene Melodien und Verse miteinander kombinieren, so dass wieder was Schönes, etwas Neues dabei entstanden ist.“ So besteht etwa das Titel-Lied „Hobbädihö“ aus mehreren Einsendungen. Am Schluss hat David Saam noch zwei Strophen selbst dazugeschrieben „und plötzlich hat alles miteinander Sinn gemacht“.

Schwierig sei es aber auch gewesen, immer wieder herauszufinden, ob man ein Lied einfach so bearbeiten darf, oder ob es noch einen Urheber gibt, den man um Erlaubnis fragen musste. Beim „Bubblmoo“ zum Beispiel sei das nicht leicht zu klären gewesen. Das für ihn kurioseste Fundstück sei übrigens das Lied vom „Hexenmeister Grimifax“, das eine Frau aus Fürth auf den Anrufbeantworter gesungen habe. „Sie hatte es als Kind im Chor der Rosenschule Fürth von ihrem Chorleiter gelernt. Auf der Suche nach dem Ursprung haben wir uns an die Forschungsstelle für fränkische Volksmusik gewandt. Die haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, aber auch sie konnten nicht rausfinden, wer das Schmuckstück komponiert hat. Lieder über Hexenmeister auf Fränkisch sind mir sonst nicht bekannt. Eine ganz besondere Entdeckung“, freut sich der Musiker.

Ein toller Kulturschatz

Auf Neu-Entdeckungen durch die Zuhörer hoffen er und seine Mitstreiter nun auch bei diesem Projekt. Aus gutem Grund: „Immer wieder hört man, der Dialekt wäre am Aussterben. Kinder sprechen angeblich kaum noch Fränkisch. Und auch um das Singen scheint es nicht gut bestellt zu sein“, berichtet die Forschungsstelle für fränkische Volksmusik*. „Wir hoffen, mit der CD einen Anstoß geben zu können, dass mehr im Dialekt gesungen wird. Nicht nur unter Kindern, sondern gerne auch unter Erwachsenen“, sagt David Saam.

Auf dem Land höre man schon noch Menschen in ihrer Mundart sprechen, in den Städten werde das aber anscheinend immer seltener, vor allem unter Kindern. „Dabei sind doch Dialekte etwas ganz Wunderbares, ein toller Kulturschatz, den man nicht aufgeben sollte. Wenn alle nur noch ein offizielles Hochdeutsch reden würden, dann wäre das doch herzlich langweilig!“ Oberfränkisch, Mainfränkisch, Nürnbergerisch, Oberpfälzisch, Sächsisch, Schwäbisch, Kölsch und viele mehr „machen unsere Welt herrlich bunt“. David Saam ist überzeugt: „Im Dialekt kann man viele Gemütszustände und andere Sachen deutlich treffender ausdrücken.“ Ein Beispiel hat er auch gleich parat: „‘Lass uns das Volksfest besuchen!‘ klingt doch bei weitem nicht so stimmungsvoll wie ‚Gemmeraweng auf Kerwa?‘“ nio

© Beste! Unterhaltung
*https://volksmusik-forschung.de/blog/2017-04-24/kinderlieder-gesucht/


Info: www. besteunterhaltung.biz und www.antistadl.de





Bildnachweis: N. Oppelt/ © Beste! Unterhaltung

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