Letzter Vorhang für Dr. Apostolov, Intendant der Bayerischen Kammeroper Veitshöchheim

von Renate Freyeisen (erschienen in Ausgabe 6/2012)

„Ich träume schon von meiner schuldenfreien Zeit“, so Dr. Blagoy Apostolov, der scheidende Gründer der Bayerischen Kammeroper und des Würzburger Mozartsommers.

„Ich bin der älteste und sicher auch der dienstälteste deutsche Intendant“ (72 Jahre jung, 25 Jahre Leiter der Kammeroper) „und der einzige, der persönlich für den Etat des Unternehmens haftet“. So hat er 2010 sechs Monatslöhne für den Mozartsommer „liegengelassen“.

Trotz allem aber ist er stolz auf sein „Unikum“, die Kammeroper Veitshöchheim. Sie wurde als einzige zu Auslandstourneen als Vertreterin des Freistaates Bayern nach Norwegen, Schweden, Finnland, Portugal oder in die Schweiz eingeladen, und bis vor zehn Jahren wurden alle ihre Produktionen vom Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt.

Als einzige ausländische Oper durften sie im historischen Schlosstheater Drottningholm vor der schwedischen Königsfamilie auftreten, mit dem „Handwerker als Edelmann“ von Hasse, und mit „Pimpinone“ von Telemann durften sie das kleine Haus der Oper von Helsinki einweihen. Beide Werke stehen übrigens heuer zum letzten Mal auf dem Programm des Mozartsommers.

Apostolov die Orangerie der Residenz als Spielstätte entdeckt und auf eigene Kosten durch den Ausbau eines Fluchtwegs aufführungstauglich gemacht. Der Mozartsommer in der Orangerie, nie als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zum Mozartfest gedacht, kann leider nur in der Zeit von den Eisheiligen bis zum Beginn der Ferien stattfinden.

So hat sich Apostolov ein zweites Standbein geschaffen: Seit 1987 produziert er eigene Opern-Sendungen in Radio Opera, die mittlerweile auch weltweit zu empfangen sind. Nach 30 Jahren Schuften als „Mädchen für alles“ will er sich nun verabschieden von der Bühne: Er kündigt selbst die Intendanz auf, will nicht weiter „als tapferes Schneiderlein“ kämpfen.

Sein besonderer Dank gilt seiner Frau Greti, der „Seele hinter der Bühne“. Doch Unterfranken bleibt er erhalten, und Würzburg hält er für „die hübscheste kleine Großstadt Deutschlands“. Franken hat er sich bewusst als Wohnsitz ausgesucht.

Ursprünglich Dozent für Phonetik an der Universität Sofia, verließ er Bulgarien aus politischen Gründen, studierte in Venedig und Mantua bei berühmten Lehrern, gewann Wettbewerbe in Italien und war am Würzburger Stadttheater von 1975 bis 1980 als lyrischer Bariton engagiert.

Doch nun, nach seiner Intendantenzeit, verfolgt er schon neue Ziele: Er beginnt in Florenz eine große wissenschaftliche Arbeit über die Geschichte der Opernregie seit der Florentiner „camerata“ vor 500 Jahren bis heute.

Drei Jahre hat er dafür vorgesehen. Sein Hintergedanke dabei: Mit seiner Forschung möchte er „die Gemüter wieder zurück zur Qualität bewegen“. Denn heute wolle jedes „Regissörchen“ doch nur auffallen, ohne zu berücksichtigen, dass Musik immer auch ein Spiegel ihrer Zeit sei.

Die Gegenwart sei eben hektisch und materialistisch – doch müsse man deswegen gleich frühere Werke kaputtmachen?

Leporello sagt „Chapeau!“ für die geleistete Arbeit und wünscht ihm im Ruhestand, der sicher ein Unruhestand werden wird, alles erdenklich Gute!

Bildnachweis: Bayerische Kammeroper Veitshöchheim

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