Enrico Calesso ist neuer Generalmusikdirektor am Mainfranken Theater Würzburg

von Renate Freyeisen (erschienen in Ausgabe 03/2011)

Seit dieser Spielzeit ist Enrico Calesso Erster Kapellmeister und stellvertretender GMD am Mainfranken Theater Würzburg. Sein Debüt am Würzburger Dirigentenpult gab er am 27. Juni 2010 mit der „Nachtmusik“ im Rahmen des Mozartfestes.

Er strahlt übers ganze Gesicht: Der neue Würzburger Generalmusikdirektor Enrico Calesso. Der aus Treviso gebürtige, groß gewachsene, bestens aussehende Italiener hat nun schon fast eine Spielzeit am Mainfranken Theater hinter sich als erfolgreicher Erster Kapellmeister. Er kennt also das Haus und wird nun für fünf Jahre das musikalische Geschehen am Würzburger Musentempel leiten. Er freut sich über seine neue Aufgabe und findet es gut, dass die Stadt ihn langfristig, und nicht, wie sonst üblich, nur für drei Jahre verpflichtet hat. Denn in seiner „Amtszeit“ steht die Planung der dringlichen Sanierung des Theaters an. In solchen Umbruchszeiten benötigt man Kontinuität am Pult.

Die schnelle Vertragsunterzeichnung bedeutet für Calesso aber auch, dass ihm vom Orchester und der Verwaltung Vertrauen geschenkt wurde. Er sieht deshalb positiv in die Zukunft, fühlt sich an „sein“ Haus gebunden und nimmt „aushäusige“ Angebote nur dann wahr, wenn er in Würzburg keine Aufgaben zu erfüllen hat. Calesso wird also bei den Bregenzer Festspielen nur in den Theaterferien dirigieren. Dennoch ist ihm bewusst, dass es unerlässlich ist, auch mit anderen guten Orchestern Erfahrung zu sammeln. Das beide Seiten bereichernde Kooperationsprojekt mit der Würzburger Hochschule für Musik wird Calesso auf jeden Fall weiter führen. Obwohl er von Haus aus Pianist ist – er studierte Klavier in Venedig – legt er bei den Konzerten keinen besonderen Schwerpunkt auf das Tasteninstrument. Doch vorerst verrät er nichts über mögliche Besetzungen. Dagegen äußert er sich mit leuchtenden Augen über zwei Werke, „die ihm immer wegrennen“, die er aber gerne in Würzburg dirigieren würde; das sind die „Tosca“ von Puccini, zu der er „eine unerklärliche emotionale Zuneigung“ hat , und „Die Fledermaus“, für ihn ein ganz wunderbares Stück. Vorerst aber wird er Rossinis „Cenerentola“ in Würzburg leiten.

Auf diesen „schönen Zufall“ freut er sich schon sehr. Die italienische Opernliteratur bietet eben herrliche Werke. Doch auch wenn er Italiener ist – man hört es seinem charmanten Deutsch noch an – , hatte sein Studium in Wien mit der italienischen Oper wenig zu tun. Immerhin genoss er es, in der Stadt Mozarts zu sein. Für ihn ist Mozart das A und O, in jeder seiner dramaturgisch gesehen einzigartigen Opern. Die allereinfachste und gleichzeitig allergrößte Sache – und so schwer zu erfüllen. Deutsche Spielopern – in der nächsten Spielzeit bei Lortzings „Wildschütz“ zu erleben – machen Calesso „Riesenspaß“, werden aber oft unterschätzt. In der Gattung Operette – „Die lustige Witwe“ ist bereits angekündigt – hat sich der neue GMD schon beim „Feuerwerk“ bewährt; da war er überrascht von der flexiblen Reaktion der Musiker und Sänger. Überhaupt rühmt er am Würzburger Haus, dass es sich in allen musikalischen Genres überzeugend präsentiert. Auch für die von ihm geschätzte Barockoper – nächstes Jahr kommt Glucks „Orfeo“ – findet er hier ein äußerst kompetentes Ensemble und Orchester.

Natürlich ist ihm auch Wagner ein Anliegen; 2012 wird er „Tristan und Isolde“ dirigieren, dafür müsse man wissen, wie man die spezielle Wagnersche Klangwelt auf der Würzburger Bühne schaffen könne; ein Zaubermittel für ihn ist das Crescendo, das schon im Vorspiel stimmen muss, und der Orchesterklang sollte sich mit der Gesangslinie decken. Und wie steht Calesso zum Regietheater? Er zeigt sich offen für moderne Deutungen, glaubt aber, dass sich durch intensive gemeinsame Probenarbeit wie in Würzburg Brüche und auch Nachteile für die Sänger vermeiden lassen. Eines steht aber jetzt schon für den neuen GMD fest: In Würzburg fühlt er sich unheimlich wohl, „fast zu Hause“, findet die Stadt „gemütlich“, hat mit seiner Frau, einer italienischen Architektin, und Töchterchen Ilaria (22 Monate jung) eine nette Wohnung im Grünen gefunden und liebt den Frankenwein, vor allem die Sorte Bacchus …

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