
„Du bist aber mutig, haben sie gesagt. Du bist doch schon 50“, erinnert sich Lisa Kuttner. Die Tänzerin und Choreografin kann es kaum fassen, dass dieser Wink schon 20 Jahre her ist.
Am 5. April wird nun das 20-jährige Gründungsjubiläum des Tanzraums im Theater Augenblick gefeiert. Unter dem Titel „Tanzt, tanzt, tanzt“ eröffnet sich dem Publikum an diesem Abend die gesamte Bandbreite Zeitgenössischen Tanzes. Tags zuvor soll es bereits eine Straßenperformance geben und am Sonntag noch eine „kleine Überraschung“. Ein Glück! Denn 2005 war für Lisa Kuttner eine echte Zäsur. Schon damals war sie in Würzburg keine Unbekannte. Ihre Leidenschaft für den Tanz, die sie seit frühen Kindheitstagen in sich trägt, hatte sie schon in den 1990er Jahre mit der hiesigen Kulturszene verbunden.
Doch die Zeiten änderten sich. „Mein geheimer Wunsch war, ein eigenes Studio zu haben, nicht mehr wandern zu müssen“, erinnert sie sich. „Zunächst war gar nicht geplant, dieses Vorhaben allein anzugehen“, sagt sie. Doch das Leben bescherte Andrea Kneis, die heute noch im Tanzraum wirkt, vier Kinder. „Somit war klar, der Tanzraum wird wohl unter meiner Leitung entstehen und wachsen dürfen.“ Es war ein Sprung ins kalte Wasser. „Ich dachte mir, wenn nicht jetzt, wann dann?“ Dass ihre Entscheidung richtig war, bemerkte sie schnell. „Ich habe viele positive Rückmeldungen bekommen“, blickt sie zurück. „Ich habe zuvor unter anderem im Salon 77 und in der Tanzschule Bäulke unterrichtet, sie alle haben sich gefreut, jetzt auch hier mitzugehen.“
Nicht wenige Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter aus den Anfangstagen sind noch immer an ihrer Seite. Darunter Agnes Renner oder Chiang-Mei Wang, die Jahr für Jahr die Ostertanztage gestaltet. Andere, wie die Verbindung zum inklusiven Theater Augenblick, mit dessen Ensemble sie seit 2010 als Choreografin arbeitet, oder Johannes Beck-Neckermann kamen neu hinzu. Mit ihm gründete sie 2015 das Duo „simply.connect“. Ihr heute internationales Netzwerk ist groß. Und das ist auch gut so. Denn schon zwei Jahre nach der Tanzraum-Gründung kam ein Rückschlag. Lisa Kuttner benötigte eine künstliche Hüfte. „Ich war verzweifelt, wusste nicht, wie es danach weitergehen würde.“ Für sie war klar: „Ich will weiter tanzen!“ Und das tat sie. „Die Lust zu tanzen kennt kein Alter und keine Einschränkungen“, beschreibt sie ihre Philosophie. Diese trägt sie auch nach außen. „Es gab viele wichtige Aufführungen“, sagt sie. Die Verbindungen wurden über die Jahre intensiviert oder entstanden neu, etwa zum Theater am Neunerplatz, zum Spitäle, zur VKU, zum Dachverband freier Würzburger Kulturträger, zum Plastischen Theater Hobbit oder zum Theater Ensemble.
Zusammenhalt, das wird sie nicht müde zu betonen, ist ein wesentlicher Aspekt ihres Schaffens. Noch immer kann sie ihre Rührung nicht unterdrücken, wenn sie an die große Solidarität ihrer Mitglieder denkt, die sie während der Corona-Jahre erleben durfte. Lisa Kuttner ist bescheiden. Über Auszeichnungen, wie die mit der Kulturmedaille der Stadt Würzburg im Jahr 2021, spricht sie nicht. Besonders hervorgehoben wurden damals ihre inklusiven Produktionen, Formate unter Mitwirkung von Menschen mit und ohne Behinderung – und das auf Augenhöhe. „Jeder Mensch ist ein Tänzer und alle sollten sich mitten in der Gesellschaft zeigen dürfen.“ Nicht minder am Herzen liegt ihr der unermüdliche Einsatz für die Sache der Frauen. „Wir sollten miteinander, nicht gegeneinander arbeiten“, erklärt sie. „Körperwahrnehmung ist heue wichtiger denn je“, betont Kuttner.
„Wir müssen lernen, uns selbst wieder zu spüren. Das ist die Basis, um uns auch anderen mitteilen zu können.“ Würzburg, so ihr Eindruck, sei eine tanzende Stadt. Und sie werde zu noch mehr Schwung und Miteinander animieren, so ihr Vorhaben!




