Die Starsopranistin und Kammersängerin bei der Würzburger Kulturpreisverleihung

von Susanna Khoury (erschienen in Ausgabe 9/2010)

"Ich mag Dinge tun, an denen mein Herz hängt".
Der 28. Juli 2010 war für die im sechsten Monat schwangere Kammersängerin Diana Damrau, die von Würzburg aus eine Bildernbuchkarriere in die Welt startete, ein langer Abend. Zum Ende der Spielzeit des Mainfranken Theaters ehrte die Stadt die Starsopranistin mit dem Kulturpreis 2010 in dem Theater, in dem für sie mit der Rolle der Barbarina („Figaros Hochzeit“ von Mozart) 1995 einst alles begann. Nach der Kulturpreisverleihung an Diana Damrau sowie der Verleihung dreier Kulturförderpreise (über die wir in den nächsten Leporello-Ausgaben berichten werden) wollte die Sängerin, die an der Würzburger Musikhochschule studierte, für ihr Würzburger Publikum natürlich singen. Begleitet von GMD Jonathan Seers am Flügel gab es unter anderem die Schlussarie der Amina aus „La sonnambula“ von Bellini und einen Titel aus „My Fair Lady“ (Ich hätt´getanzt heut nacht“), ihrem ersten Musical im Würzburger Stadttheater, in dem sie damals die Eliza gab. Und parallel dazu schon die Königin der Nacht sang, die zu einer Paradepartie für sie werden sollte. Als „Königin der Farben“ bezeichnete Dr. Tebbe Harms Kleen (von 1988 bis 1999 Intendant des Würzburger Stadttheaters) die kleine große Sopranistin Damrau in seiner Laudatio an „Unser Körper ist unser Instrument“, das lernten die drei Freundinnen (Barbara Schöller, Diana Damrau und Michaela Schlotter) schon damals während ihrer Studienzeit an der Würzburger Musikhochschule bei Gesangslehrerin Hallstein.diesem Abend, in der er an zahlreiche Begebenheiten des „fleißigen Kindes“ in Würzburg erinnerte. Daran, dass sie immer mehr wollte, „ihre intensive Rollengestaltung, ihr Temperament, ihre Schüchternheit, gepaart mit Koketterie und den Zauber ihres blitzenden Soprans“.Und so waren dann auch die Worte der Sopranistin, die sowohl an der Mailänder Scala als auch in der Met und Carnegie Hall in New York schon gesungen hat, als sie sich für die Laudatio Kleens und den Kulturpreis der Stadt Würzburg vor dem fast vollbesetzten Mainfranken Theater bedankte. „Keck, unmittelbar, ernsthaft, sicher und authentisch“, so wie auch ihr ehemaliger Intendant die mit dem Titel „Sängerin des Jahres 2008“ ausgezeichnete Damrau kurz zuvor charakterisiert hatte. Und wer jetzt dachte, der Weltstar Diana Damrau rauscht von der Bühne und ward nicht mehr gesehen, der irrt gewaltig. Nach drei Stunden Preisverleihungen im Großen Haus ließ sie sich im Oberen Foyer des Theaters feiern und herzen und nahm sich für alle und jeden Zeit, ob Freunde oder ehemalige Kollegen, Offizielle oder das Team vom Fernsehsender ARTE, das sie auf Schritt und Tritt begleitete, wegen einer Reportage, die Ende des nächsten Jahres ausgestrahlt werden soll. Nach zahlreichen Autogrammen war mittlerweile fast Mitternacht und immer noch war der „Abend in Würzburg“ für Diana nicht zu Ende, denn sie hatte ja noch Leporello ein Interview versprochen, das wir tatsächlich um kurz vor 0 Uhr ganz allein, fern des Trubels, der immer noch im ganzen Theater herrschte, verborgen in der Dunkelheit des großen Hauses in Reihe 1 und 2 führten. Man merkte ihr die Strapazen des heutigen Tages kaum an und sie war bezaubernd, natürlich und offen wie eh und je, als wir über Kunst, Kinder und Karriere plauderten. Auf meine Frage, ob einen nach so einen Abend in Würzburg die Vergangenheit einholt, antwortete die frisch gebackene Ehefrau: „Ja, sehr! Es ist ein absoluter „flash back“. Schon als ich mit dem Zug nach Würzburg einfuhr, an Veitshöchheim vorbei, wo ich früher gewohnt habe, da hat sich das „Würzburg-Gefühl“ sofort eingestellt!“ Allerdings zog es sie bald in die große, weite Welt: Nach nur zwei Jahren Festengagement in Würzburg, nach Mannheim und Frankfurt, von dort aus nach Berlin, Dresden, Hamburg und München, wo sie an der Bayerischen Staatsoper 1999 ihr Operdebüt als Zerbinetta gab. Bereits ein Jahr später sang sie die Königin der Nacht in Wien und wieder ein Jahr später gastierte sie bei den Salzburger Festspielen als Najade in Strauss´ „Ariadne auf Naxos“. Ihr England-Debüt als Königin der Nacht im Covent Garden gab sie 2003 und wieder zwei Jahre später ihr MET-Debüt als Zerbinetta. Kann man so einen raketenartigen Aufstieg planen, wollte ich von Diana wissen: „Oh mein Gott, nein! Es war nicht mein Plan, Weltkarriere zu machen. Ich wollte einfach meine Arbeit gut machen. Ich hab´ an mir gefeilt, immer hart an dem Talent, das mir mitgegeben wurde, gearbeitet und hatte Glück – ohne das geht es auch nicht. Ich habe in jedem Stadium meiner beruflichen Laufbahn immer mein Bestes gegeben und das, was ich gerade tat, als das Wichtigste empfunden.“ Im Hier und Jetzt leben, das hat Diana Damrau auch am Theater gelernt. Wie heißt es so schön, der wichtigste Mensch ist der, mit dem du es gerade zu tun hast, und die wichtigste Stunde, ist jetzt. Eine Binsenweisheit, die nicht nur für die Theaterbühne gilt, sondern auch für die Bühne des Lebens. Daher ist sich die Opersängerin und angehende Mama Damrau bewusst, dass das Kind, das sie nun erwartet, ihr Leben verändern wird: „Ich bin ja schon seit einem halben Jahr mit Verstärkung unterwegs“, erzählt Diana lachend, „und ich denke, wenn ich den Kleinen dann im Oktober im Arm halte, wird er das Wichtigste für mich auf der Welt sein“. Auf meine Frage, ob die Musik und ihre Karriere dann die zweite Geige spielen, hat sie auch ganz ehrlich eine Antwort: „Singen war und ist für mich das Größte. Daran wird sich auch nichts ändern, außerdem habe ich ja auch bis 2015 Verträge unterschrieben, ich könnte gar nicht einfach aufhören. Dennoch werde ich versuchen, dem Kind die bestmögliche Mutter zu sein, die ich sein kann – und außerdem hat es dann ja auch Hunger und ich muss ihm Essen kaufen können“, unkt Diana lachend. Es besteht kein Zweifel daran, dass die gebürtige Günzburgerin mit jeder Faser ihres Herzens an ihrem Beruf hängt. Wie viele erfolgreiche, berufstätige Frauen versucht sie Job, Familie und Karriere unter einen Hut zu bekommen. Sie will dabei aber nichts erzwingen, sondern hört auf ihre innere Stimme und ihren Körper, der ihr Instrument und höchstes Gut ist: „Wenn ich zu früh wieder anfange zu singen, schade ich meiner Stimme und allen weiteren Engagements. Die Hormone haben wesentlich Einfluss auf die Stimme, ich weiß nicht, was nach der Geburt passiert. Wenn ich das Gefühl habe, ich bin nicht in Balance und noch nicht soweit, werde ich auch Engagements absagen! Ich habe immer auf meine physische und psychische Gesundheit geachtet, beim Singen, Sprechen und auch beim Feiern. In unserem Beruf muss man achtsam mit sich umgehen“, so Diana weiter. Wenn man das alles so hört, hat man ganz stark das Gefühl, einen aufgeräumten Menschen vor sich zu haben, der trotz hochfliegender Pläne, die fast alle wahr geworden sind, auf dem Boden der Tatsachen geblieben ist und sich den Blick dafür, was wichtig ist, bewahrt hat. Daher verwundert mich auch die Antwort nicht, die mir Diana auf meine Frage, was sie sich für ihre private und berufliche Zukunft wünsche, gibt: „Privat wünsche ich mir Gesundheit, Frieden, Liebe, Glück und gegenseitige Unterstützung. Und beruflich möchte ich Dinge tun, an denen mein Herz hängt, die zu mir gehören“.

Das Interview mit Diana Damrau führte Leporello-Chefredakteurin Susanna Khoury.

Bildnachweis: Privat, Rodegra

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