Ulf Klausenitzer? Der ist... unterwegs zu neuen Horizonten

von Lothar Reichel

Blick zurück im Zorn? Ach, er sei stolz auf diese Zeit, sagt Ulf Klausenitzer, aber eine Niederlage sei es natürlich gewesen. Und er redet sich dann schon ein wenig in Rage. Fast 30 Jahre war er Intendant und künstlerischer Leiter des Bayerischen Kammerorchesters Schloß Werneck gewesen - „eine einzigartige Erfolgsgeschichte“ - die mit dem Rückzug aus Werneck endete, weil das ehrgeizige Projekt eines „Teatros“, eines Konzertsaales, an den Begrenztheiten unterfränkischer Lokalpolitik scheiterte. Darüber kann er sich immer noch ordentlich echauffieren – Mentalitäten sind da aufeinandergestoßen, die nicht zu vereinbaren waren: die Blaskapellenkultur unterfränkischen Dorflebens und die hochambitionierten Projekte eines Vollblutkünstlers. Damals, beim letzten Konzert in Werneck, spielte das Orchester zum Schluss „The Unanswered Question“ von Charles Ives. Manche Fragen haben sich für Ulf Klausenitzer inzwischen beantwortet, neue sind hinzugekommen. Mit dem Kammerorchester ist der Musikprofessor noch nach Bad Brückenau gegangen, ein Versuch, die Erfolgsgeschichte an einem anderen Ort weiterzuführen. Doch mittlerweile hat man sich getrennt, das Orchester ist wohl nicht mehr das, was es einmal war, und Klausenitzer ist zu neuen Horizonten aufgebrochen. Einst wollte er, wie er sagt, dem „Metropolenmythos München“ in der unterfränkischen „Provinz“ eine genauso ernstzunehmende musikalische Qualität entgegensetzen – nun ist er unter anderem in Indien zugange, damit Kulturen und Musiktraditionen voneinander lernen und sich gegenseitig bereichern. Gerade erst fand das 1. India-German-Confluence-Festival in Goa statt, von der indischen Öffentlichkeit stark beachtet, bei dem Ulf Klausenitzer in zwei Konzerten das Goa State Symphony Orchestra dirigierte: die indische Erstaufführung von Glucks Ouvertüre zu „Alceste“, Musik von Beethoven, Mendelssohns Violinkonzert mit der jungen indischen Geigerin Sanya Myla Cotta, die bei Klausenitzer an der Nürnberger Musikhochschule studiert, und ein Werk des zeitgenössischen indischen Komponisten Vanraj Bhatia waren zu hören. „Das sind Pionierprojekte, die mich bewegen“, sagt der Musiker, der seit vielen Jahren auch im Bayreuther Festspielorchester spielt und im Vorstand der Bayreuther Festspiele sitzt. Asien ist denn überhaupt ein neuer Horizont: nächstes Jahr wird er mit drei anderen Geigern zu einer Konzertreise nach Japan und Korea aufbrechen. Da scheint Unterfranken sehr weit weg, aber Ulf Klausenitzer passt gut in die illustre Reihe derer, die dem schönen Landstrich hier entflohen sind, weil die Horizonte zwischen Rhön und Steigerwald mit unter arg begrenzt erscheinen.

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