Oper „La clemenza di Tito“ begeistert das Publikum des Mainfranken Theaters

von Renate Freyeisen (erschienen in Ausgabe 02/2023)

Titus – Vorbild eines guten Herrschers? In Wirklichkeit war der historische römische Kaiser der grausame Zerstörer Jerusalems. Aber als Mozart den Auftrag erhielt, für die Krönung von Leopold II. zum böhmischen König 1791 in Prag eine Oper zu schreiben, zögerte er nicht, sondern bediente sich der Vorlage von Metastasio von 1734, änderte allerdings einiges. Leider wird „La clemenza di Tito“ heute eher selten aufgeführt. Musikalisch ist sie ein Juwel. In der spannenden Inszenierung von Clara Kalus in der Blauen Halle des Mainfranken Theaters wurde Mozarts Absicht, die viel gepriesene Milde des Herrschers in Frage zu stellen, ziemlich deutlich. Durch die heutigen Kostüme von Katharina Weissenborn, also helle Kleidung für die „positiven“ Charaktere, schwarze für die höfische Gesellschaft, wurde das Geschehen näher in unsere Zeit katapultiert, der Kaiser als Privatperson benutzte ab und zu Krone und pelzverbrämten Mantel, um seinen hohen Rang zu zeigen, und die Bühne von Dieter Richter mit einem Steg und einer Auftrittsplattform im Publikum ermöglichte es, die Affekte der handelnden Personen hautnah mitzuerleben.

Im ersten Akt spielte sich alles meist hinter einem transparenten dunklen Faden-Vorhang ab, im zweiten Akt öffnete sich der Raum, und eine Tafel wurde dekoriert für ein Fest. Totenmasken des Chors, also des Volks, beim Brand Roms und später bei der Huldigung an den Kaiser ließen wenig Zuversicht auf eine gewaltfreie Zukunft aufkommen. Doch Mozarts Musik ließ solchtere Gedanken vergessen. Das Philharmonische Orchester unter dem einfühlsamen Dirigat von Gábor Hontvári gefiel durch stimmige Akzentuierung und subtilen Klang. Die Gestaltung der handelnden Personen geriet auch musikalisch äußerst lebendig und glaubhaft.

Roberto Ortiz war ein innerlich zerrissener Kaiser Titus und zeichnete mit seinem hellen, kräftigen Tenor das Bild des unentschlossenen Machthabers. Vitellia, die ihn hasst und vernichten will, ist dagegen eine kalt berechnende, wenn auch elegant verführerische Frau, die den ihr verfallenen Sextus zum Attentat auf den Kaiser anstiftet; nach dem Scheitern ihres Plans wird sie doch noch „belohnt“ mit dem Platz an seiner Seite, und Silke Evers verkörperte diese Machtgier äußerst überzeugend, überstrahlte dabei mit ihrem glänzenden Sopran und wunderbar überzeugender Gestaltung selbst alles Negative dieser Person. Als Sextus war Vero Miller erstmals am Würzburger Theater zu erleben, als zwischen Freundschaft, Abhängigkeit und tiefer Reue schwankender Charakter, und sie stattete mit ihrem kraftvollen, runden Mezzosopran ihre Partie mit vielen Facetten aus. Die freundliche Servilia, von Akiho´Tsujii mit hellem, klarem Sopran gezeichnet als jugendlich unschuldig, wird von Titus als Gemahlin vorgesehen, lehnt diese Ehre aber aus Liebe zu Annius ab, den Barbara Schöller souverän mit angenehm klingendem Mezzosopran als aufrechten Menschen verkörperte. Als ungerührter Vollstrecker der Befehle seine Herrn Titus präsentierte sich Ihor Tsarkov als Publius mit sicherem Bass. Langer, begeisterter Beifall! 

Bildnachweis: Nik Schölzel

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