Langer Beifall für Händels Oper „Garten der Lüste“ im Mainfranken Theater Würzburg

von Renate Freyeisen (erschienen in Ausgabe 11/2020)


Oper gelingt auch in der Blauen Halle bestens. Das bewies der zum „Garten der Lüste“ komprimierte „Rinaldo“ von Georg Friedrich Händel.

Die Kurzfassung der langen, recht abstrusen Handlung schadete nicht, denn nun kam bei dem Verwirrspiel um Liebe, Lust, eingebildete und flüchtige Emotionen die wunderbare Musik Händels umso mehr zur Geltung. Die Inszenierung von Andreas Wiedermann nahm das Bühnengeschehen auf die Schippe, und Ausstatterin Aylin Kalp unterstützte die parodistische Sichtweise mit einer abstrahierten Garten-Kulisse, mit beweglichen Hecken, Lauben oder Torbögen; man trug pompöse Perücken, und die Damen erschienen in Ruinen ihrer höfischen Kleidung; die Barockzeit ist also überholt. Auch die Figuren entstammten eher einer Komödie als einem Melodram. So waren die beiden Sirenen groteske Garten-Nymphen, auf komische Weise verkörpert von Mathew Habib und Igor Tsarkow; und sie mussten sich ständig als Kulissenschieber betätigen. Der christliche Magier war hier eine Art Conferencier, von Barbara Schöller locker souverän gespielt und gesungen, am Schluss aber ein umweltschädlicher Zauberer mit Giftspritze.

Aber keine Angst: Es siegt die Tugend, das heißt die nützliche Gartenarbeit. Dabei werden die Paare, die sich vorher bekämpft haben in Leidenschaft, Eifersucht und Hass, wieder einigermaßen friedlich. Das Liebesgeplänkel zwischen der schönen Almirena und ihrem Ritter Rinaldo steigert sich bis zur romantischen Annäherung dank süßen Flötentönen und flatternden Vögelchen. Weil aber die Zauberin Armida auch ein Auge geworfen hat auf den jungen Helden und ihr Liebhaber Argante durch die koketten Avancen der Almirena auf eine falsche Liebesfährte gelockt wurde, verschärfen sich die Rachegelüste der Betrogenen. Gegen den Liebeswahnsinn helfen da nur die Sirenen mit den Gartengeräten. Während die amüsante Handlung manchmal irritierte, fesselte die musikalische Seite. Das Philharmonische Orchester Würzburg, hinter der Bühne platziert, spielte unter der Leitung von GMD Enrico Calesso, der auch die Kurzfassung besorgt hatte und vom Cembalo aus die Rezitative begleitete, schwungvoll, klangschön, aber auch sehr einfühlsam. Das Sängerensemble begeisterte rundum ... Balsam für die Seele!

Silke Evers war eine wunderbar lebendig gestaltende Almirena, und ihr leuchtender Sopran berückte durch alle Facetten des Ausdrucks und lockere Koloraturen. Ihr Liebesobjekt Rinaldo wurde von Marzia Marzo mit hellem, beweglichen Mezzo als jugendlicher Held überzeugend dargestellt, während Roberto Ortiz mit sicherem Tenor einen älteren Heerführer Goffredo markierte. Als Armida entfaltete Guibee Yang mit ihrem vollen Sopran kraftvoll starke Höhen, und Hinrich Horn war dank seiner männlich vollen Stimme ein beeindruckender Argante. Langer Beifall!

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www.mainfrankentheater.de

Bildnachweis: Nik Schölzel

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