Max Mohrs Roman steht erst 2021 im Fokus von „Würzburg liest ein Buch“

von pat (erschienen in Ausgabe 04/2020)

Elisabeth Stein-Salomon und Daniel Osthoff laden gerade angesichts der Corona-Pandemie dazu ein, sich mit dem Würzburger Autor Max Mohr zu befassen.
Inzwischen wird das Projekt an vielen Orten umgesetzt: „Eine Stadt liest ein Buch“ gibt es in Würzburg, Regenburg, Augsburg und München. Nicht überall wird jedoch, wie in Würzburg, der Fokus auf einen engen Bezug zur Stadt gelegt. „Doch genau das macht unsere Initiative aus, dadurch stiften wir ein Gemeinschaftsgefühl“, sagt Daniel Osthoff vom Verein „Würzburg liest“. Der entschied, Max Mohr und dessen Roman „Frau ohne Reue“ in den Mittelpunkt der nächsten Leseaktion zu rücken. Die findet nun 2021 statt.
 
Aktuelle Themen

Mohrs 1933 erschienener Roman greift mehrere interessante Themen auf. Es geht um Technik-, Großstadt- und Zivilisationskritik, den Ausbruch aus dem engen Korsett des bürgerlichen Alltags und nicht zuletzt um Frauenbilder. Im Zentrum steht Lina Gade, die mit ihrem Geliebten Paul Fenn nach Shanghai flieht – und damit genau dorthin, wohin der jüdische Schriftsteller Max Mohr ein Jahr nach der Veröffentlichung seines Romans vor den Nazis floh. Das Paar im Roman landet schließlich auf einen einsamen Bergbauernhof. Auch das ist biographisch: Der Würzburger Autor lebte mit seiner Frau und seiner Tochter jahrelang auf einem Bauernhof am Tegernsee.

Max Mohrs Buch hat den Vorteil, dass es leicht zu lesen und spannend ist. Bei den letzten beiden Veranstaltungen von „Würzburg liest“ war die Lektüre anspruchsvoller. Ausgehend von Mohrs Roman, sollen 2021 in rund 100 Veranstaltungen interessante Verbindungen zu unterschiedlichen Themen und Personen gezogen werden. So will Max Mohrs Enkel Nicolas Humbert nach Würzburg kommen. Ursprünglich wollte er am 25. April im „Central“ seinen Dokumentarfilm „Wolfsgrub – Porträt meiner Mutter“ zeigen. Am 26. April wollte Humbert zusammen mit Mohrs Urgroßneffen Frederick Reuss bei einer Hommage an Max Mohr auftreten.

Den Veranstaltungsreigen zusammenzubekommen, war keine schwierige Aufgabe gewesen, sagt Elisabeth Stein-Salomon, Vorsitzende des Vereins „Würzburg liest“. Viele, die früher mitgemacht haben, wollen auch 2021 wieder mitmachen. Gleichzeitig gelang es, neue Akteure und neue Veranstaltungsorte zu finden. Die Juristen Almuni Würzburg zum Beispiel hat 2021 vor, einen Vortrag zum Thema „Ehrenmorde“ anzubieten.

Weil die Wahl diesmal auf ein nicht ganz so schwieriges Werk gefallen ist, beteiligten sich wieder viele Schüler an der Leseaktion. Die Wettbewerbspreise sollen 2021 beim Eröffnungsfestakt von „Würzburg liest ein Buch“ in der Stadtbücherei verliehen werden. Im Herbst dieses Jahres sollen die bereits ermittelten Gewinner des Schreibwettbewerbs mit dem Thema „Aufbruch oder Flucht? Von der Entscheidung zu gehen“ bekanntgegeben werden. Dann wird die Arbeitsgemeinschaft auch damit beginnen, die Veranstalter zu kontaktieren, um neue Termine für Vorträge, Lesungen, Theateraufführungen und Ausstellungen zu finden.
 
Zivilisationskritik

Sich mit Max Mohr zu befassen, ist nicht zuletzt angesichts der Epidemie interessant. „Diese verrückte Zeit gibt uns die Möglichkeit, uns nun noch intensiver mit dem Werk Max Mohrs zu beschäftigen“, sagt dazu Elisabeth Stein-Salomon. Das lohne sich, denn in seiner Zivilisationskritik habe Mohr „in unserer Gegenwart vielleicht sogar noch größere Bedeutung als zu seiner Lebenszeit“.

Aber auch der zu beobachtende Rechtsruck macht den Autor hochaktuell. Wie es Mohr im Exil ging, verraten die Briefe, die er aus Shanghai schrieb. Unter der Überschrift „Nun lebt wohl, ihr zwei Liebsten im Schnee“ wollen Britta Schramm und Rainer Appel nächstes Jahr daraus lesen.


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www.wuerzburg-liest.de

Bildnachweis: Pat Christ, Bücher

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