Elisabeth Dauthendey steht heuer im Fokus der Aktion „Würzburg liest ein Buch“

von Pat Christ (erschienen in Ausgabe 05/2023)

Es gibt keinen Dokumentarfilm über sie und noch nicht einmal eine schmale Biografie: Nur sehr wenig ist über das Leben der Würzburger Autorin Elisabeth Dauthendey bekannt. „Das ist vor allem deshalb so, weil ihr Nachlass am 17. März 1945 verbrannt ist“, sagt Daniel Osthoff von „Würzburg liest“. Dennoch entschied sich der Verein, die von den Nazis als „Halbjüdin“ unterdrückte Elisabeth Dauthendey in den Mittelpunkt der Aktion „Würzburg liest ein Buch“ zu stellen. Über 80 Veranstaltungen sind ab Juni geplant.

Leicht machen es sich die Macher der im Zwei-Jahres-Turnus organisierten Veranstaltungsreihe „Würzburg liest“ mit der Nominierung nie. „Auch diesmal hatten wir wieder 20 Autorinnen und Autoren zur Auswahl gehabt“, sagt Vereinsmitglied Jörg Nellen. Ungewöhnlich ist nicht in erster Linie, dass die Wahl schließlich auf eine in Vergessenheit geratene Schriftstellerin fiel: „Zum ersten Mal steht nicht ein Werk, sondern eine Sammlung von Essays, Märchen, Gedichten und Novellen im Mittelpunkt.“ „Das Weib denkt.“ nennt sie sich. Im Übrigen geht es nicht nur um Elisabeth Dauthendey als Autorin. Sondern auch um ihren Kampf für das Recht von Frauen auf Bildung.


Während viele Frauen heute unter der Doppelbelastung von Erwerbs- und Familienarbeit stöhnen, hatten Zeitgenossinnen der 1854 geborenen Elisabeth Dauthendey nur wenig Berufschancen. Ein Studium zum Beispiel kam nicht infrage, so Daniel Osthoff: „Das ging erst ab 1903.“ Aufgegriffen wird Elisabeth Dauthendeys Kampf um gleichberechtigte Zugänge zu Bildung in einem Theaterstück, das Ulrike Schäfer und Boris Wagner eigens für „Würzburg liest ein Buch“ schrieben. Am 21. und 22. Juni wird es im Würzburger Landgericht und am 4. Juli in der Stadtbücherei, inszeniert von Wagner, zu sehen sein. Pia Beckmann schlüpft in die Rolle der Elisabeth Dauthendey.


Heute kann jede Frau mit entsprechender Begabung in jedem Fach, das sie interessiert, ihren Masterabschluss machen, promovieren oder sich habilitieren. Doch sind Frauen juristisch wirklich voll und ganz gleichberechtigt? Um diese Frage wird es in einer Veranstaltung mit dem Juristen Eric Hilgendorf gehen. Elisabeth Dauthendey selbst beschloss, Lehrerin zu werden. „Dies war allerdings mit dem ‚Lehrerinnenzölibat‘ verbunden“, erläutert Daniel Osthoff. Ein weiterer Vortrag wird hierauf eingehen. Zu den Highlights der Aktion zählt schließlich die Aufführung der Oper „Die Teeprinzessin“ von Simon Breu nach einem 1926 von Elisabeth Dauthendey verfassten Märchen.


Nun ist es nicht so, dass Elisabeth Dauthendey zur Galionsfigur einer lokalen oder gar überregionalen Fraueninitiative geworden wäre. Zwar gehörte sie in Würzburg zum Gründungsvorstand des Frauenbildungsvereins „Frauenheil“. „Aber ein ausgesprochener Blaustrumpf war sie nicht, dazu ist sie auch viel zu bürgerlich gewesen“, sagt Reni Drechsel, die sich ebenfalls bei „Würzburg liest“ engagiert. Wenig frauensolidarisch zeigte sich Elisabeth Dauthendey zudem, als sie sich vehement gegen die Liaison ihres chronisch geldknappen Halbbruders Max mit der nicht eben gut betuchten Gertraud Rostowsky aussprach. Max sollte nach ihrem Willen eine reiche Frau heiraten.


Elisabeth Dauthendey war die materielle Grundlage alles Geistigen also wohlbewusst. Sie selbst hatte sich um Erfolg bemüht. Und war auch durchaus erfolgreich gewesen. Seit 1906 lebte die in St. Petersburg geborene Tochter des Fotografen Carl Albert Dauthendey als freie Schriftstellerin. Ihr Werk erzielte im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts zum Teil höhere Auflagen als das von Max Dauthendey. Mit dem 1894 veröffentlichten Essay „Die Geschlechter“ feierte Elisabeth Dauthendey ihr Debüt. Unter dem Pseudonym „Andrea Pauloff“ folgte 1895 der Essay „Unweiblich“. Ein im Jahr 1900 erschienenes Buch trug den Titel „Vom neuen Weibe und seiner Liebe. Ein Buch für reife Geister.“

Bildnachweis: Pat Christ

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