Autorin Ulrike Sosnitza über das Schreiben, das Nähen, die Liebe und das Glücklichsein

von Corina Kölln (erschienen in Ausgabe 9/2021)

Als Autorin Ulrike Sosnitza ihr neues Buch „Die Glücksschneiderin“ schreibt, ist die ganze Welt im Ausnahmezustand. Wie sie diese Zeit erlebt hat und welche Themen in ihrer Geschichte eine zentrale Rolle spielen, erzählt sie im Interview.

Leporello: Ihr neues Buch trägt den Titel „Die Glücksschneiderin“. Kann man sich sein Glück „selbst schneidern“?
Ulrika Sosnitza: Ich glaube, um glücklich zu sein, braucht man die Bereitschaft, das zu erkennen. Wenn man die Aufmerksamkeit nicht auf die Fehler lenkt, sondern auf das, was funktioniert. Glück ist aber auch ein flüchtiges Gefühl, und es wird umso stärker empfunden, je größer das Unglück vorher war. Das muss einem bewusst sein. Glück ist kein Dauerzustand.

Frau Sosnitza, wie war es für Sie, mitten im Corona-Lockdown eine Geschichte zu schreiben, die vor der Pandemie spielt?
Eine stete Umstellung und Herausforderung. Die Geschichte sollte eigentlich 2020 spielen. Anfangs fand ich es schwierig, mich zu konzentrieren und in die Geschichte fallen zu lassen, aber dann entwickelte sich mein Schreibtisch zum Fluchtort vor der Wirklichkeit und ich habe alles, was ich vermisste – Freunde, körperliche Nähe, Cafés, Feiern, all das habe ich in die Geschichte geschrieben.

Protagonistin Clara hat eine Leidenschaft fürs Nähen und für schöne Stoffe. Wie wichtig sind solche Liebhaberein für das eigene Leben?
Der Mensch ist ein haptisches Wesen. Menschen und Dinge zu berühren, bzw. berührt zu werden, ist sehr wichtig für unsere emotionale Gesundheit, was durch den Lockdown und den Mangel an Berührungen vielen klar geworden ist. Schöne Stoffe möchte man immer wieder anfassen, sie verleihen Zufriedenheit. Man denke da nur an Kuscheldecken oder -tiere.

In Ihrer Geschichte trifft Clara unverhofft auf ihre Jugendliebe Finn. Warum werden Liebesgeschichten in der Literatur niemals auserzählt sein?
In Liebesgeschichten möchte man die Emotionen nachempfinden – und die Emotionen des Verliebens sind sehr stark, manchmal fiebert man beim Lesen förmlich mit, bis der erste Kuss kommt. Die Spannung liegt nicht in der Frage, ob „sie“ sich kriegen, sondern im wie. Bei einem glücklichen Paar ist diese Spannung aufgelöst, wobei es auch eine reizvolle Geschichte geben kann, wenn die glückliche Beziehung Proben und Problemen ausgesetzt ist und man beobachtet, wie diese gemeistert werden. Aber ich glaube, dass vom Kennenlernen bis zum gegenseitigen Eingeständnis der Gefühle die größte Spannung und Intensität liegt und man diese gerne wieder und wieder nach- und mitempfinden möchte.

In Ihrem Roman schreiben Sie über die Stadtleseaktion „Würzburg liest“ und Protagonist Finn liest das Buch „Frau ohne Reue“. Eine Hommage an die Literaturszene in Würzburg?
Auf jeden Fall. „Würzburg liest“ ist ein Highlight im literarischen Leben Würzburgs. Man wird auf interessante Autoren und Geschichten aufmerksam gemacht. Besonders beeindruckend finde ich immer das breite Interesse in der Stadt, die vielen Aktionen und Leser:innen, die damit erreicht werden. Als Würzburg liest 2020 abgesagt werden musste, wollte ich es unbedingt im Roman erwähnen – wie alle Dinge, die ich vermisste.

Wer in die Geschichte live eintauchen möchte, dem bietet sich am 1. Oktober Gelegenheit dazu, denn Ulrike Sosnitza liest ab 19 Uhr in der Bücherei im Wasserschloss in Rottendorf aus ihrem neuen Roman „Die Glücksschneiderin“. Eine Voranmeldung ist erforderlich.

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www.rottendorf.eu

 

Bildnachweis: Gerhard Bayer,

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