Steinmetz Josef Hofmann im Gespräch mit Leporello über Tod, Trauer und Erinnerungskultur

von Susanna Khoury (erschienen in Ausgabe 11/2011)

Tod ist in unserer Gesellschaft und Kultur immer noch ein Tabuthema. In der Regel wird die Beschäftigung damit so lange hinausgeschoben, bis man unmittelbar davon betroffen ist in der Form, dass nahe Angehörige sterben oder man selbst. „Den eigenen Tod stirbt man, mit dem Tod der anderen muss man leben“, betont Steinmetz Josef Hofmann von den Steinwelten in Versbach.

Und das ist meist gar nicht so einfach, wie der Geschäftsmann Hofmann aus eigener Erfahrung weiß. Seit seiner Kindheit gehören Tod, Trauer und Grabsteine zu seinem Alltag, allein durch den elterlichen Betrieb dessen Fokus früher noch viel stärker als heute auf der Fertigung und Gestaltung von Grabsteinen lag. „Aber erst als mein eigener Vater starb, wurde mir bis in die letzte Faser bewusst“, so Hofmann, „wie endlich der Mensch ist und was Tod wirklich bedeutet!“

Seit dem lege er noch mehr Wert auf die Gespräche mit den Hinterbliebenen, um möglichst viel über den Verstorbenen/ die Verstorbenen zu erfahren. Dem Leben ein Zeichen setzen und zwar ein individuelles, das mit der verstorbenen Person zu tun hat und sich abhebt von der Uniformität der Masse. Der zu errichtende Grabstein soll Zeichen, Symbol des vergangenen Lebens sein. Man geht nicht auf den Friedhof, sondern ans Grab des Verstorbenen/der Verstorbenen, um zu trauern, Zwiesprache zu halten, sich zu erinnern.

Trotz des wiederkehrenden Schmerzes vor Ort auf dem Friedhof ist das Grab kein Ort des Schreckens, sondern ein Ort des Dialogs und der Kommunikation, ein Ort der Trauer, aber auch der Heilung. Damit wird dem Gang auf den Friedhof eine Art therapeutische Wirkung zugeschrieben, die nicht zu unterschätzen ist. „Es ist wichtig einen Ort zu haben“, sagt Hofmann, „wo wir jenseits des alltäglichen Trubels, die Nähe des Verstorbenen/ der Verstorbenen spüren, wo Gefühle gelebt werden können, wo wir uns trauen zu trauen!“

Und wenn der Schmerz irgendwann nachlässt, einen Ort, wo Erinnerungen gelebt werden können. Je mehr sich die Persönlichkeit des Verstorbenen/der Verstorbenen in der Grabstelle widerspiegelt, desto mehr können sich die Hinterbliebenen mit dem Grab identifizieren und desto größer ist der therapeutische Effekt: „Man geht mit einem anderen Bewusstsein ans Grab“, erklärt Josef Hofmann.

„Man findet sich und den Verstorbenen/die Verstorbene in dem Zeichen, das man durch den Grabstein gesetzt hat, wieder und hat das Gefühl, eine Identifikation geschaffen zu haben!“ Erst acht Monate nach dem Tod seines eigenen Vaters konnte er sich an die Gestaltung von dessen Grabstein machen“, erzählt der empathische Steinmetz.

Mit dem Ergebnis ist er nach langem Ringen irgendwann dann zufrieden gewesen, weil er wusste, der Stein ist ein Symbol für seinen Vater und der wäre auf die Arbeit des Jungen stolz gewesen.

„Auch ich brauche diesen Ort für mich, wenn ich beispielsweise schwierige Entscheidungen zu treffen habe, dann gehe ich schon mal an das Grab meines alten Herrn und frage: Was hättest du gemacht?“

Bildnachweis: Khoury

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