Lukurello speist migrations- hintergrundmäßig

von Lukurello (erschienen in Ausgabe 9/2010)

Klassisch gebildet, wie er nun einmal ist, kennt Lukurello natürlich die Bedeutung des griechischen Wortes „Xenophobie“. Die Angst vor dem Fremden, die Abneigung gegen das Fremde. Ein merkwürdiges Phänomen, das manchmal seltsame Blüten treibt. Aus aktuellem Anlass beschloss Lukurello, migrationshintergrundmäßig essen zu gehen und wählte das Nächstliegendste: ein türkisches Restaurant. Was ja grundsätzlich kein leichtes Unterfangen ist, weil sich die wirkliche türkische Küche hierzulande wenig etabliert hat. In der ganzen Integrationsdebatte wird völlig übersehen, dass Essen und Trinken Leib und Seele zusammenhalten und man nur bedauern kann, dass lediglich „der Döner“ hier völlig integriert ist. Wer je in Istanbul an den Ufern des Bosporus lukullisch gespeist hat, weiß, mit welcher Raffinesse, optischer Brillanz und geschmacklicher Vielfalt die Küche dort aufwartet. Mehr davon hier bei uns, das wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Nun gibt es in Würzburg seit langen Jahren eine beliebte Adresse, die authentische türkische Küche verspricht, sie gehört längst zu den bewährten „Klassikern“ der Stadt: das „Ararat“ in der Huttenstraße im Stadtteil Sanderau. Das Restaurant ist nicht groß, sein Name bezieht sich übrigens auf den Berg Ararat in Ostanatolien, wo der Legende nach einst am Ende der Sintflut die Arche Noah gestrandet sein soll. Das Dekor ist dezent türkisch, vermittelt Flair, ohne folkloristisch verkitscht zu sein. Die Speisekarte ist spannend, schon allein, weil alle Gerichte auch in türkischer Sprache verzeichnet sind – man kann also während des genüsslichen Auswählens den Klang einer Sprache nachzuahmen versuchen, die uns auch nach Jahrzehnten der Nachbarschaft völlig fremd geblieben ist. Lukurello wählte zu Beginn Ezzo Gelin, eine scharfe anatolische Linsensuppe. Sie war tatsächlich angenehm pikant, orientalisch gewürzt, für den Hülsenfrüchtenfan etwas zu dünn, aber solide „Hausmannskost“. In vielen Restaurants der Türkei spielen warme und kalte Vorspeisen – Mezeler – eine große Rolle, also wurde diesem Teil der Speisekarte auch Beachtung geschenkt. Auf den Tisch kamen Sigara Böregi - wie der Name schon sagt: Zigarren-Strudel, Teigröllchen mit Schafskäse gefüllt. Ein kleiner, appetitmachender Genuss. Bei den Hauptspeisen fällt die Auswahl schwer, eigentlich müsste man im seligen Angedenken an die erwähnten Bosporusgenüsse Fisch bestellen, aber im tiefsten fränkischen Binnenland wurden es dann doch Lamm und Rind. Bifte Saltanat hat etymologisch durchaus mit dem Sultan zu tun und ist ein opulentes Lammroastbeefgericht, überbacken mit Schafskäse, Pastirma (luftgetrocknetem Schinken) und Spiegelei in einer Tomatensoße, Celebi Izgara ein mit Paprika, Champignons, Zwiebeln und Käse gefülltes Rinderroastbeef vom Grill. Dazu jeweils Knoblauchkartoffeln, Cacik (eine pikante Joghurtsoße) und Krautsalat. Man wird sehr satt und fühlt sich schon ein wenig wie der Sultan. Auch diese Gerichte sind solide, wohlschmeckend, ansprechend – man merkt ihnen aber an, dass der Koch sie schon sehr oft zubereitet hat, der letzte Pfiff, das Pünktchen auf dem i fehlt ihnen etwas. Den Abschluss macht natürlich ein Raki, im Türkischen eigentlich ohne ein Pünktchen auf dem i, ein türkischer Anisschnaps – die Frage des Alkoholverbots im Koran bleibt unerörtert, obwohl es dazu feinsinnige Auslegungen gibt. Fest steht: Die türkische Küche ist eine Bereicherung unserer Kultur, und so soll es auch bleiben!

Bildnachweis: Mario Trott

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