Lukurello speist edel und bodenständig bei „Stephan's“ in Würzburg

von Lukurello (erschienen in Ausgabe 5/2011)

Klassisch gebildet, wie er nun einmal ist, weiß Lukurello natürlich, welche Bewandtnis es mit dem heiligen Stephanus hat. Er war der erste christliche Märtyrer, aber das ist im vorliegenden Fall völlig unerheblich. Denn das Restaurant „Stephan's“ in Würzburg ist in jeder Beziehung recht schnörkellos, und so hat der Name denn keine tiefere Bedeutung außer der, dass der Besitzer und Küchenchef mit Vornamen Stephan heißt.

Schnörkellos, was heißt das nun? Zunächst allein die Lage. Nicht etwa in Würzburgs manchmal romantischer Altstadt, sondern in der Sanderrothstraße, einer schnörkellosen Durchgangsstraße irgendwo zwischen den Stadtteilen Frauenland und Keesburg. Man würde da kein edles Restaurant suchen, das „Stephan's“ muss man kennen und finden. Aber edel gibt es sich durchaus, elegantes zeitloses Mobiliar, eher nüchtern und formstreng. Lukurello gesteht, dass er diese etwas „modernen“, austauschbaren Interieurs in Restaurants nicht so schätzt, aber wichtig ist ja nicht der Tisch, sondern das, was darauf zu finden ist.

Die Menükarte ist originell, aber gewöhnungsbedürftig, sie ist äußerlich ein Zwitter zwischen Aktenordner und Klemmbrett. „Innerlich“ ist sie völlig schnörkellos, tabellenartig nüchtern wird das Angebot aufgelistet, das Ganze sieht aus wie die Tischvorlage für eine Konferenz und mutet etwas merkwürdig an. Die Vorspeise, die Lukurello wählte, wird zum Beispiel so aufgeführt: „Pulpocarpaccio/Limette/ Tomate/Olivenöl 10,00“. Okay, mehr muss man nicht wissen, aber diese Nüchternheit ist eigenwillig. Nun aber genug der Mäkelei, denn das, was dann auf den Tisch kommt, ist nicht schnörkellos-nüchtern, sondern optisch wunderbar, küchentechnisch perfekt und geschmacklich ein Erlebnis.

Küchenchef Stephan hat sein Handwerk in renommierten Küchen gelernt, an der Seite eines Sternekochs gearbeitet - das sieht man, das schmeckt man. Stephan's möchte laut Eigenwerbung altfränkische, gehobene Küche mit einem Schuss Extravaganz bieten, und diese „Philosophie“ (Modewort!) geht durchaus auf. Der Hauptgang beispielsweise, den Lukurello ungemein genoss, entstammte der Tageskarte und bot Dreierlei vom Lamm: Ragout, Lammbratwürste und Rippchen. Das ist durchaus altfränkisch und mutet auch üppig an.

Doch genau da zeigt die Küche dann, was sie kann: Andere Küchenkünstler verkünsteln sich bei so etwas ungemein (auch in Würzburg…) und verlieren vor lauter Kapriolen das Eigentliche aus den Augen; der Gast ist zunächst geblendet und am Ende immer noch hungrig… Meister Stephan dagegen bringt das dreifache Lamm so auf den Tisch, wie man ein solches Fleischgericht haben möchte: von erstklassiger Qualität, perfekt zubereitet - letztlich dann doch wieder schnörkellos, weil es nicht noch irgendwie überinterpretiert und artifiziell daherkommt, sondern - im allerbesten Sinne - bodenständig.

Auch die Beilagen - Kartoffelwürfelchen und mediterranes Gemüse - zurückhaltend, dezent, wie eine Beilage eben sein soll. Und auch wenn das in der feinen Küche kein Kriterium ist: Die gereichte Portion war von Größe und Sättigungsgrad perfekt. Denn was gibt es Schlimmeres, als dass es einem schmeckt und der Genuss in dem Moment dann auch schon vorbei ist, weil der Teller leer ist? Selbstverständlich bietet ein Restaurant dieser Klasse auch ein Menue an, und der fränkischen Seele wird Genüge getan durch regelmäßige Saisonangebote, die von Schweinshaxe bis zum klassischen Spargelessen reichen können.

Schnörkelloses Fazit von Lukurello: „Stephan's“ hätte er gerne etwas näher in der Stadt, aber der Weg lohnt sich.

Bildnachweis: Mario Trott

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