Lukurello im Schweinfurter „Hotel Roß“ zu Gast

von Lukurello (erschienen in Ausgabe 6/2011)

Klassisch gebildet, wie er nun einmal ist, kennt sich Lukurello natürlich auch mit Pferden und Rössern aus. Er weiß daher zum Beispiel, dass das altmodisch klingende Wort „Ross“ vom althochdeutschen „hros“ herstammt - was im englischen Wort „horse“ noch ersichtlich ist. Bei der Bedeutung, die Pferden früher zukam, ist es kein Wunder, dass viele Gasthausnamen mit dem Ross in Verbindung standen und stehen.

So auch das Schweinfurter Traditionslokal und -hotel „Roß'“ mitten in der Innenstadt. Es wurde bereits 1806 erbaut und bis 1918 als Gasthof „Rotes Roß“ geführt. Der wurde dann vom Hotelier Julius Süß erworben und wird heute von dieser Familie in der dritten Generation als Hotel und Restaurant betrieben. Jeder Schweinfurter kennt „das Roß“, unzählige Familienfeiern aller Art haben dort im Lauf der Jahre stattgefunden, ein Haus von bestem Ruf also.

Wenn Lukurello solche Traditionsinstitutionen besucht, stellt er sich immer die Frage: Müssen Speis und Trank dort nicht über alle Zweifel erhaben sein? Der Ruf eines solchen Hauses kommt ja nicht von ungefähr. Dennoch sind gerade Besuche in solch unangefochtenen Institutionen oft recht interessant. Lukurel- lebensART Lukurello! Leporello l 33 lo kommt ja anonym, an einem ganz gewöhnlichen Tag - und er bewertet das, was er dann vorgesetzt bekommt, nicht nach dem guten Ruf des Hauses, sondern wie ein zufälliger Gast nach dem unmittelbaren Eindruck einer einzigen Stunde. Nur das zählt - Ruf eines Hauses hin oder her. Und wie sah nun diese frühsommerliche Stunde im Schweinfurter Hotel Roß aus?

Lukurello und seine Begleitung kamen zur Mittagszeit, nahmen im Freien unter Sonnenschirmen Platz und erfreuten sich am Ausblick auf den Alten Postplatz mit seinen schönen Platanen. Der ist zur Zeit in Schweinfurt ja ein Lokalpolitikum, weil von seiner Oberfläche angeblich eine unzumutbare Staubbelästigung auch für die Gäste des „Roß“ ausgeht. Nun, davon war nichts zu spüren, und Lukurello rief sich in Erinnerung, dass es überall in Frankreich solche Plätze gibt und dass das Essen trotzdem hervorragend ist.

Zur Mittagszeit gibt es im „Roß“ die reguläre Speisekarte und jeweils ein Tagesgericht. Lukurellos Begleitung entschied sich rasch für das Angebot des Tages: Kalbsleber „Berliner Art“ mit Apfelscheiben, gebackenen Zwiebeln und Kartoffelpüree. Ein wirklicher Glückstreffer in der ja nicht unproblematischen Gourmetlotterie „Ha u sma n n s - kost“. Was hat man nicht schon alles mit der Leber erlebt und mit den Zwiebeln erlitten! Hier dagegen ein perfektes und delikates Gericht: die Leber wunderbar braun gebraten und dennoch zart; die Zwiebeln rösch und kein bisschen angekokelt oder bitter. Lukurello selbst vertiefte sich in die reichhaltige Speisekarte und orientierte sich am Saisonalen.

Seine Wahl fiel auf ein in Butter gebratenes Kalbsschnitzel mit Spargelsalat und Neuen Kartoffeln. Auch hier geschmacklich soweit alles in bester Ordnung, lediglich von den Frühkartoffeln hätte man ein gewisses Aroma erwartet, das sie aber nicht zu bieten hatten. Der Spargelsalat war auch optisch schön angerichtet - doch der Teller mit Schnitzel und Kartoffeln kam sehr frugal daher. Eben ein weißer Teller mit Schnitzel und Kartoffeln, wie in der Kantine… Beim Preis von 19 Euro möchte man der Küche da doch zurufen: „Hallo, auch das Auge isst mit!“

Das ist aber schon das Einzige, was Lukurello dem Traditionshaus „Roß“ ins Stammbuch schreiben möchte - ansonsten war er von der Tradition, der Vielfalt der fränkischen Speisekarte und dem mediterranen Flair des Postplatzes dort sehr angetan und auch von dem Umstand, dass es an einem heißen Tag ein kühles Andechser Bier gab.

Bildnachweis: Mario Trott

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