Lukurello ist wieder da und kehrt im „Ritter Jörg“ ein

von Lukurello (erschienen in Ausgabe 12/2012)

Lukurello hat eine Pause gemacht und ist nun zu neuen Taten geschritten.

Sein erstes Ziel war – lange überfällig – Sommerhausen, einer der fränkischen Romantikorte schlechthin. Dort gäbe es allerhand zu probieren und zu kosten, fürs erste sollte es der „Ritter Jörg“ sein.

Das ist ein Gasthaus mit großer Geschichte und alter Tradition – die namensgebende steinerne Ritterfigur, die nachts eindrucksvoll ihren Schatten auf die Hausfassade wirft – kündet davon.

Der „Ritter Jörg“ ist Hotel und Restaurant, und natürlich wartet er mit fränkischer Heimeligkeit auf, ist entsprechend dekoriert, zeigt sich dezent rustikal. Das kann man mögen, muss man aber nicht – Lukurello interessierte sich eher für die vielen Bilder und Plakate an den Wänden, die davon erzählen, wie lange schon Sommerhausen nicht nur Gourmetparadies, sondern auch Künstlerort ist.

Das Torturmtheater Veit Relins ist nach wie vor Markenzeichen, aber es ist interessant zu sehen, welche schauspielerische und musikalische Prominenz früher in Sommerhausen ein- und ausgegangen ist.

Vor lauter Schauen und Staunen kam Lukurello zunächst gar nicht dazu, die Speisekarte zu studieren. Die nun kommt recht selbstbewusst daher.

Alle Gerichte tragen deutlich einen Artikel mit sich herum: Die Suppe heißen „Die Tomate“ oder „Die Kalbsleberknödel“, die Vorspeisen „Der Wildlachs“ oder „Die Entenbrust“.

Desgleichen auch bei den Hauptgerichten: „Der Schweinebraten“, „Das Schäufele“, „Der Tafelspitz“, „Der Edelfischkrautwickel“ usw. Nach dieser Überschrift folgt dann jeweils die farbig-poetische Beschreibung, und sie machen die Wahl durchaus schwer.

„Das Schäufele“ beispielsweise wird folgendermaßen charakterisiert: „... vom Schwein langsam gegart, mit knuspriger Schwarte, an kräftiger Pfeffersauce mit Kartoffelklößen, Wirsinggemüse und Pancetta Chips“.

Das klingt verführerischklasse, genauso wie „Preiselbeer- Schalottenchutney“ zum Tafelspitz oder „hausgemachte Bündner Sauerrahm- Pizokel“ als Beilage zu den Ochsenbacken. Man möchte am liebsten alles probieren…

Und wie es so ist, wenn die Qual der Wahl auf Messers Schneide steht, beging Lukurello einen Fehler: Er folgte einer flüchtigen Herbststimmung und bestellte phantasielos etwas bewährt Herkömmliches: „Die Bauernente – knusprig gebraten, auf kräftiger Rosmarin-Geflügel-Jus mit Apfelrotkohl und Kartoffelklößen“.

Ja, und irgendwie war er dann enttäuscht. Denn er bekam genau das: eine bewährt herkömmliche Bauernente, nicht mehr und nicht weniger. Perfekt zubereitet, schmackhaft, dem Herbst angemessen, preislich sehr fair – aber er hatte danach das Gefühl, eine Chance verpasst zu haben.

Die Chance, zum Beispiel „Den Hirsch als feines Zweierlei auf cremiger Thymianpolenta“ zu probieren. Oder die Ochsenbacken und das Zitronenlamm. Lukurello, der Feinschmecker, schlich kleinlaut vom Tisch hinweg (denn auch er kann nur ein Gericht verzehren) und wusste:

Er würde wiederkommen müssen, weil ihm die Poesie dieser Speisekarte nicht mehr aus dem Sinn ging. Und dann würde er die Bauernente links liegenlassen und sich voller Tatendrang auf die anderen Kreationen der „Ritter-Jörg“-Küche einlassen.

Bildnachweis: Mario Trott

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