Lukurello ist mediterran gestimmt und speist in Würzburg türkisch

von Lukurello (erschienen in Ausgabe 4/2010)

Klassisch gebildet, wie er nun einmal ist, schweift Lukurello gerne durch die Gefilde des Mittelmeeres. Die Wiege Europas... Griechenlands Säulen. Italiens holde Auen. Ägäische Sonnenträume. Jene Nahtstelle, wo sich Okzident und Orient berühren. Heimgekehrt von ciceronischen Reisen bedauert er immer wieder, daß sich die Kulinarik des Mittelmeeres im grauen Germanenland in manchmal nur schwer erträglicher und vor allem schwer verdaulicher Metamorphose wiederfindet. Am ehesten noch ist die Küche Italiens nördlich der Alpen halbwegs und manchmal sogar zu drei Vierteln angekommen. Demgegenüber ist das, was griechische Tavernen hierzulande allzu häufig anbieten, eher ein Fall für den blitzeschleudernden Zorn-Zeus auf dem Olymp. Ähnlich auch die spanische Küche: Sie ist im Original deftig und rustikal und bei uns meist nur der fade Abklatsch einer schlechten Kopie. Vollends bedauerlich das Schicksal der türkischen Gourmantik. Leider haben unsere vielen Mitbürger aus Anatolien im großen und ganzen hier nur den „Döner“ erfolgreich etabliert; darüber Worte zu verlieren, ist unter Lukurellos Würde. Dabei läuft ihm das ganze Bosporuswasser im Munde zusammen, wenn er an wunderbare Abende in romantischen Lokalen im wunderbaren Istanbul denkt, wo er aus dem Staunen über die Delikatesse der osmanischen Küche nicht mehr herauskam. Wenig ist davon in Deutschland zu finden, wo über Moscheen und Kopftücher diskutiert wird, anstatt die türkischen Nachbarn zu bitten, für uns zu kochen.

All das ging Lukurello durch den Kopf, als er – durchaus skeptisch gestimmt – das Restaurant „Mediterran“ in der Würzburger Ursulinergasse betrat. Und sofort fragte er sich seufzend: Muß es wirklich das ganze Mittelmeer sein? Denn das Lokal offeriert – den Namen erstnehmend - sozusagen eine Odyssee von Spanien über Italien nach Griechenland und der Türkei. Solche Pluralitäten gehen selten gut. Aber Unvoreingenommenheit ist dennoch Lukurellos Devise. Und er wurde nicht enttäuscht.

Mediterran ist das Ambiente durchaus, erfreulicherweise ohne jeden folkloristischen Kitsch. Helle Farben, mittelmeerische Anmutung nur in kleinen Details. Von der Speisekarte könnte man sagen: Sie ist sich der Problemlage bewußt. Es herrscht nämlich kein wildes Durcheinander, sondern sinnvolle Ökonomie. Alle Küchen, denen das „Mediterran“ gerecht werden will, sind säuberlich voneinander getrennt mit einer überschaubaren Anzahl von Speisen aufgelistet. Italien ist mit den üblichen Klassikern vertreten, an der Pizza führt natürlich kein Weg vorbei. Allerdings wird sie im Holzofen gebacken, und das Restaurant verspricht, daß Kinder am Abend ihre eigene Pizza backen dürfen. In der griechischen Ecke stehen dann doch wieder die üblichen Grillteller parat, Spanien lockt mit Meeresfrüchten. Am meisten reizten Lukurello – aufgrund des vorher Gesagten – die Spezialitäten aus der Türkei; zumal das Restaurant über zwei Küchenchefs verfügen soll und der aufs Türkische spezialisierte eben am Herd stand. Nun, was von dort kam, war noch nicht die raffinierte Küche, die man in Istanbul findet, aber es war lecker und machte neugierig auf mehr. Lukurello aß Hünkar begendi, ein frisch geröstetes Auberginenpüree an Lammfleischstückchen, dazu Holzofenbrot und Salat. Das schmeckte schon authentisch und nicht alltäglich. Seine Begleitung wählte ebenfalls Türkisches - Yogurtlu Adana, Hackfleischspieß mit Knoblauch-Joghurt und Reis, im Holzofen zubereitet – und war desgleichen sehr angetan. Die Preise sind gehoben, der Qualität des Essens und dem Ambiente angemessen. Und eines hat das Restaurant „Mediterran“ jedenfalls geschafft: Es hat Lukurello animiert, noch einmal durch die Gefilde des Mittelmeeres zu schweifen und beim nächsten Mal vielleicht auf der spanischen Seite der Speisekarte vor Anker zu gehen.

Bildnachweis: Mario Trott

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