Lukurello und das „La Fenice“ in Würzburg

von Lukurello (erschienen in Ausgabe 02/2011)

Klassisch gebildet, wie er nun einmal ist, weiß Lukurello natürlich, was es mit dem Phönix auf sich hat. Dem mythischen Sonnenvogel, ursprünglich aus Ägypten stammend, dem später die Eigenschaft zugeschrieben wurde, sich selbst zu verbrennen, um aus der Asche neu zu erstehen. Und er weiß natürlich auch, dass Venedigs weltberühmtes Opernhaus, „La Fenice“, im Italienischen nach diesem Phönixvogel benannt ist – dummerweise eigentlich, denn das „Fenice“ ist in seiner Geschichte mehrfach abgebrannt, wurde aber – nomen est omen – immer wieder neu erbaut.

Derlei Gedanken im Hinterkopf machte sich Lukurello auf, in Würzburg im „La Fenice“ zu speisen. Dabei schweiften seine Gedanken aber noch einmal ab. Denn in Würzburg italienisch essen zu gehen – das macht man ja nicht einfach so. Das will gut überlegt sein. Schließlich gibt es eine Reihe alteingesessener Traditionslokale mit je eigener Gästeklientel: Wo will man also gesehen werden und wo lieber nicht? Außerdem stehen diese Lokale in gewisser Konkurrenz zueinander, und man muss vorsichtig sein, es sich nicht mit diesem oder jenem Patron zu verscherzen. Der Stammgaststatus in den italienischen Restaurants Würzburgs ist nicht zu unterschätzen und sollte nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Erfreulicherweise haben alle Traditionslokale eine eigene, unverwechselbare Atmosphäre und ganz unterschiedliche Küchen – was eigentlich einmal einer kulinarischphilosophischen Betrachtung wert wäre. So kann (und muss) man immer auch abwägen, wonach einem der Sinn steht, denn die Vorzüge des einen sind manchmal der Nachteil des anderen.

In diesem diffizilen Reigen ist das „La Fenice“ kein unbeschriebenes Blatt mehr. Natürlich glänzt dieses Ristorante mit der Tatsache, dass es sehr nahe bei Würzburgs weltberühmtem Opernhaus, dem Mainfrankentheater, liegt. Nomen est omen... Das heißt, eigentlich liegt es näher am häßlichsten Parkhaus der Stadt, aber das ist unerheblich. Wie das mit dem finanziell abgebrannten Phönix Mainfrankentheater so weitergeht, weiß übrigens keiner so genau, aber das ist ein anderes Thema. Das „La Fenice“ hat sich als Künsterlokal trotz der nachbarschaftlichen Nähe nicht so richtig etablieren können, aber Theaterpublikum geht gerne vor oder nach der Vorstellung dort speisen. Dem mag entgegenkommen, dass das Interieur des Restaurants durchaus etwas von einer Bühnendekoration hat: es wirkt elegant, fast mondän, aber auch „gemacht“, es ist die Illusion eines venezianischen Restaurants. Lukurello verhehlt nicht, dass es für ihn ein Tick zuviel Kulisse ist, aber natürlich kommt es ja nicht auf das Äußere an...

Auch der Service der männlichen Kellnerriege hat etwas von einer Inszenierung: Perfekt, professionell, zurückhaltendfreundlich, eine kleine Spur von stolzer Herablassung – si, das ist authentisch. Die Speisekarte zeigt nicht ganz die Originalität der anderen Traditionslokale, hier herrscht ein eher „allgemein- italienisches“ Angebot. Die Tageskarte dagegen weist immer wieder Besonderheiten auf. Durchweg gut sind die Pizzen. Beim letzten Besuch probierte Lukurello Spaghetti mit Meeresfrüchten, im Ofen in einer Alufolie gegart, die aber auf sein Bitten hin vor dem Servieren entfernt wurde. Er fand es köstlich, aber seine Begleitung schwärmte geradezu enthusiastisch vom winterlichen Salat mit Filetstreifen und konnte Frische und Dressing nicht genug loben. Sehr schön auch das abschließende Tiramisu, nicht zu süß und von jener lockeren Leichtigkeit, die kein schlechtes Gewissen macht. Diesem Phönix gibt man immer wieder gerne Gelegenheit, neu emporzusteigen – perdono, für dieses schiefe Bild streut sich Lukurello die fehlende Asche reumütig aufs Haupt.

Bildnachweis: Mario Trott

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