Der Würzburger Bäckermeister Ernst Köhler zum „Tag des Deutschen Brotes“ am 5. Mai

von nio (erschienen in Ausgabe 04/2020)

„Dadurch, dass die Menschen schon sehr früh begonnen haben, Brot zu backen, und vor allem dies in fast jeder Kultur verankert ist, gibt es eine große Vielfalt an verschiedenen Broten“, sagt Ernst Köhler. „Und das macht es auch so interessant für mich als Bäcker. Man kann so viel ausprobieren.“
„Brot hat für mich eine sehr umfassende Bedeutung. Zum einen ist es als Grundnahrungsmittel ein wesentlicher Bestandteil meiner eigenen Ernährung. Zum anderen ist es in meinem Berufsalltag allgegenwärtig“, sinniert Bäckermeister Ernst Köhler. Anfang Mai feiert das nationale Bäckerhandwerk zum achten Mal die deutsche Brotkultur. Der Würzburger Bio-Bäcker tauscht sich hierzu oft mit seinen Kollegen aus anderen Regionen aus. „Gemeinsam überlegen wir, was man ausprobieren könnte, auch im Hinblick auf neue Getreidesorten, die etwa gegenüber Klimaveränderungen, wie trockenen Erntejahren, besser aufgestellt sind und sich gut an ihren Standort anpassen können.“

Brot sei für ihn ein „Kulturgut“ und gerade in unserer Gesellschaft „wichtig und existentiell“. „Das hat sich auch jetzt in der aktuellen Corona-Krise gezeigt“, so der Bäckermeister. In seine Brote kommen Getreide, Wasser, Salz und ein Lockerungsmittel, wie Hefe, Sauerteig oder Backferment – ein Teiglockerungsmittel, mit dem man Teige, die nicht auf Roggen basieren, ohne Zusatz von Hefen mit gleichmäßigen Gäreigenschaften zu schmackhaften Broten verarbeiten kann. Darüber hinaus verfeinert er viele seiner Brote mit Zutaten, wie Haselnüssen und Karotten, Hafer oder Sonnenblumenkernen aus der Region. Beim Getreide greift sein Betrieb überwiegend auf Roggen, Weizen, Emmer und natürlich Dinkel zurück. „Vor allem in unserer Konditorei wird fast ausschließlich Dinkelmehl verwendet. Hierbei achten wir auch darauf, dass wir alte Sorten verwenden, wie ‚Oberkulmer Rotkorn‘ oder ‚Bauländer Spelz‘.“ Bei diesen beiden alten Dinkelsorten gebe es keine Einkreuzung von Weizen, was bei modernen Dinkelzüchtungen oft der Fall sei. Erst vor kurzem hat die Backstube zudem auf Steinsalz umgestellt. „Aufgrund der häufig diskutierten Mikroplastikbelastung in Meersalz haben wir uns dafür entschieden, auf Nummer sicher zu gehen und darauf zu verzichten.“

Entscheidend ist für Köhler aber nicht nur, was in die Brote hineinkommt, sondern auch, was nicht. „Aus Überzeugung und auch als Bioland zertifizierter Betrieb verzichten wir gänzlich auf technische Enzyme und künstliche Backhilfsmittel.“ Über die gesundheitlichen Folgen von synthetisch hergestellten Enzymen streiten sich aktuell noch die Wissenschaftler. Verunsicherung gibt es auch beim Thema Vollkorn- oder Weizen-Auszugsmehl. Von genereller Schwarz-Weiß-Malerei hält der Fachmann aber wenig. „Natürlich enthält Vollkornmehl deutlich mehr Mineralien, Vitamine und Ballaststoffe als ein Mehl Type 405“, so Köhler. Welche notwendigen Funktionen diese Lebensmittelgruppen hätten, sei in der Presse in den vergangenen Jahren oftmals diskutiert worden, vor allem im Falle der Ballaststoffe und ihrer positiven Wirkung auf Verdauung und Darmflora. Er verweist auf das deutsche Brotinstitut e.V. Dieses gehe sogar davon aus, dass durch Ballaststoffe das Herzinfarkt- und Darmkrebsrisiko verringert würden. „Ich bin der Meinung, dass vor allem eine ausgewogene, abwechslungsreiche Kost einen wichtigen Grundstein für eine gute Ernährung legt.“

Darüber hinaus spiele nicht nur das „Was“ eine Rolle, sondern genauso das „Wie“. Wie wird das Getreide verarbeitet? Wie lange haben die Teige Zeit zum Reifen? „Je länger dies der Fall ist, desto bekömmlicher wird am Ende das Brot. Denn während den Ruhephasen bauen sich unter anderem die schwer verdaulichen Fodmaps ab. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Kohlenhydraten und Zuckeralkoholen, die in vielen Nahrungsmitteln vorkommen und im Dünndarm nur schlecht resorbiert werden. „Reizdarmsyndrom-Patienten haben oft gänzlich auf Brot verzichtet. Zu Unrecht, wie Forschungen der Uni Hohenheim ergaben: Viele Konsumenten vertragen sehr wohl Brot, auch aus Weizen. Was sie nicht vertragen, sind chemische Teigbeschleuniger und die Fodmaps, die in Broten aus ausreichend gereiften Teigen kaum noch vorkommen“, so der Bäckermeister.

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www.koehlers-vollkornbaeckerei.de

Bildnachweis: ©Schmelz Fotodesign

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