Diplom Bier-Sommerlier Robert Freitag unterhält sich mit Leporello über sein Spezialgebiet

von Nicole Oppelt

Robert Freitag gehört zu Deutschlands Diplom Bier-Sommeliers der ersten Stunde Jahrzehntelang war Freitag als Braumeister bei der Distelhäuser Brauerei, dem Betrieb, dem er nun seit 42 Jahren angehört. Vor fünf Jahren dann der Entschluss als Sommelier weiter zu machen, um dem „flüssigen Gold“ zu neuem Glanz zu verhelfen. Leporello begab sich mit ihm auf die Spuren des Bieres.

Leporello: Wein-Sommeliers kennt jeder Gourmet, solche für Bier die Wenigsten. Sind Sie ein Exot?

Robert Freitag: Bisher schon. Viele Menschen wissen nicht, was im Bier steckt. Während meiner Arbeit als Braumeister hat sich die Berufung zum Sommelier daher fast automatisch ergeben. Es gibt so viele Sorten und dazu noch mehr Vorurteile. Bier ist etwas ganz reines, nur mit besten Zutaten. Das muss wieder zu schätzen gelernt werden.

L: Worauf müssen Genießer besonders achten?

R.F.: Bier ist in der Flasche oder im Fass optimal aufgehoben. Erst danach fangen die Probleme an. Wichtig ist penible Gläserpflege, genauso wie die der Zapfanlage. Auch richtiges Zapfen ist entscheidend. Bier ist schließlich das einzige Getränk mit einer Schaumkrone. Das Auge trinkt mit. Wenn dann noch eine Trinktemperatur zwischen fünf und acht Grad eingehalten wird, ist alles perfekt. Das feine Aroma von Hopfen oder Malz kommt dann voll zur Geltung. Da kommen wir ins Spiel und helfen Wirten sowohl in Sachen Zapfen als auch Präsentation.

L: Allein hierzulande gibt es über 5000 Sorten. Was muss ein Bier haben, um bei Ihnen zu „landen“?

R.F.: Zunächst eine gute Flaschenoptik. Beim Einschenken muss mich die Farbe ansprechen und sich dann schöner, fester und feinporiger Schaum bilden. Beim Trinken muss es prickeln und frisch, sauber, „bierig“ riechen und schmecken. Es muss mit allen Sinnen genossen werden. Schnelles Herunterkippen ist tabu.

L: Apropos schmecken: Gibt es, wie bei Weinen, auch hier eine besondere Terminologie?

R.F.: Ja. Bier hat um die 5000 bis 8000 Geschmacksaromen. Hefeweißbier riecht etwa nach Banane und Nelke. Dank verschiedener Malzsorten kann bei anderen zum Beispiel Karamell geschmeckt werden.

L: Sprechen Sie auch Empfehlungen zum Essen aus?

R.F.: Ja. Zu dunklen Speisen ein Dunkles und umgekehrt. Zu Salaten passt Hefe, zum Dessert dunkles Bockbier. Als Aperitif eignet sich Kristallweizen, zum Abschluss Pils. Fest steht: Mit Bier kann mehr „angestellt“ werden als es nur über Braten zu gießen.

L: Was halten sie von Mix-Getränken?

R.F.: Solche Moden werden sich kaum langfristig durchsetzen. Ich gestehe aber, dass Glühbier oder Weißbierbowle sehr angenehm sind. Wichtig ist Offenheit für Neues. Deshalb legen wir bei Präsentationen auch besonderen Wert auf die Schulung des Geschmacks. Der geht durch die Ernährung mit Fertigprodukten verloren. Das Wissen, wie Natur schmeckt, fehlt.

L: Glauben Sie, dass Bier künftig eine größere Rolle im Gourmetbereich spielen wird?

R.F: Genau darin besteht unsere Aufgabe. Wir sensibilisieren Wirte als auch Publikum und probieren mit ihnen gemeinsam aus. Aber es liegt noch viel Arbeit vor uns.

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