Werke aus der Neuen Pinakothek München treten im Museum Georg Schäfer in Dialog

von Renate Freyeisen (erschienen in Ausgabe 9/2021)

Wilhelm Leibls „Mädchen mit weißem Kopftuch“ blickt im Museum Georg Schäfer in Schweinfurt skeptisch, aber wach in die Welt.

Bei einem „Rendezvous der Bilder“ kann man derzeit Bilder aus der Neuen Pinakothek München zwischen der umsichtig neu angeordneten Sammlung hochkarätiger Werke des 19. Jahrhunderts, also von der Französischen Revolution bis zum 1. Weltkrieg, im Museum Georg Schäfer in Schweinfurt bewundern. 21 Schlüsselwerke wurden aus dem staatlich bayerischen Bestand ausgewählt und bilden nun mit ihren inhaltlich und stilistisch „Verwandten“ oft Vergleichs-Paare.

Stilistisch reichen die Gemälde von der Romantik, Klassizismus, Biedermeier bis zur Landschaftsmalerei der Münchner Schule und realistischen sowie impressionistischen Ansätzen. Gemeinsam ist den präsentierten Werken eine Hinwendung zum Neuen, Gegenwärtigen, zum Malerischen, zur Einheit von Farbe, Pinselstruktur und nuancierter Atmosphäre, hervorgebracht durch alle Facetten des Lichts wie bei Menzels Kirchen­innerem und die Beobachtung auch scheinbar nebensächlicher Elemente wie etwa einem Vögelchen auf der Balkonbrüstung des Berliner Schlosses, gemalt von Adolph von Menzel.

Der „Besuch“ der Bilder aus Bayern, jeweils mit der weißblauen Raute gekennzeichnet, beginnt in der Schweinfurter Sammlung mit Joseph Anton Kochs „Heroischer Landschaft“ oder dem großformatigen Gemälde Angelika Kauffmanns „Christus und die Samariterin am Brunnen“, und die fröhlichen „Zwei Reiter“ von Wilhelm von Kobell korrespondieren farbig mit dem deprimierenden „Nach der Schlacht“ von Albrecht Adam, sind aber vom Inhalt her ein krasser Gegensatz.

Auch das repräsentative Bild Kobells vom stolzen jungen Kronprinzen Ludwig von Bayern zeigt einen deutlichen Unterschied zum eher privaten Porträt des Prinzen Karl von Bayern von Joseph Stieler. Die Weite einer Landschaft wie Adolf Heinrich Liers „Theresienwiese mit Bavaria bei Abendlicht“ zeigt Parallelen zum Blick auf München von Schleich.

Wilhelm Leibls „Mädchen mit weißem Kopftuch“ blickt skeptisch, aber wach in die Welt, während die junge Frau von William Chase eher nachdenklich wirkt. Das Ehepaar Neumayr, gemalt von Johann Georg von Dillis, strahlt Selbstzufriedenheit aus, der Maler Carl Schuch, dessen Stillleben mit Päonien vor Leben sprüht, erhält durch Leibls Porträt den Status eines selbstbewussten Künstlers. Den flüchtigen, aufregenden Reiz eines Balles vergegenwärtigt Menzels „Ballpause“, ähnlich geschildert durch das unruhig Flackernde bei seinem Bild „Im weißen Saal“. Max Liebermanns weite, wie flüchtig erfasste „Holländische Landschaft“ zeigt schon eine ganz andere Betrachtung der Landschaft wie das „romantisch“ verklärte Bild vom „Tegernsee“ von Dillis oder die Ölskizze „Arbeit im Steinbruch bei Paris“ von Lier.

All diese Zeugnisse der meisterlichen Kunst des 19. Jahrhunderts erschließen in ihrer Vielfältigkeit auch die Entwicklungen der Geistesgeschichte bis ins 20. Jahrhundert.

 

Bildnachweis: Bayerische Staatsgemäldesammlungen

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