Dr. Wolf Eiermann leitet nun Museum Georg Schäfer

von Renate Freyeisen (erschienen in Ausgabe 10/2015)

Kam von Stuttgart nach Schweinfurt: Dr. Wolf Eiermann.Auf 15 erfolgreiche Jahre kann das Schweinfurter Museum Georg Schäfer zurückschauen.

Es beherbergt eine der bedeutendsten Sammlungen deutscher Kunst des 19. Jahrhunderts mit etwa 1000 Gemälden und 4500 Zeichnungen und Gouachen, darunter die größte Sammlung von Spitzweg-Werken weltweit; all dies befindet sich als private Stiftung in einem modernen Bau, der dem bayerischen Staat gehört; betrieben wird das Museum aber von der Stadt Schweinfurt.

Diese Konstruktion ist nicht ohne Brisanz. Auch bei der feierlichen, musikalisch mit Liedvorträgen von Anja Gutgesell umrahmten Amtseinführung des neuen Leiters Dr. Wolf Eiermann durch Oberbürgermeister Sebastian Remelé war dies spürbar, als der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Fritz Schäfer, sich ausdrücklich bei der früheren Leiterin Dr. Sigrid Bertuleit bedankte für ihr erfolgreiches Wirken, ihren Weggang bedauerte und ihrem Nachfolger viel Glück und wenig Turbulenzen wünschte.

Dieser, promovierter Kunsthistoriker und Jurist vom Jahrgang 1960, erfahrener Museumsmann, zuletzt in Stuttgart tätig und durch viele Publikationen und als Ausstellungskurator profiliert, ging in seiner Antrittsrede und im persönlichen Gespräch auf seine Anliegen und künftigen Projekte ein.

Es scheint ihm wichtig, dass heutigen Museumsbesuchern der große zeitliche Abstand zum Künstler des 19. Jahrhunderts bewusst wird.

Basis der Betrachtung sollten immer Begriffe sein wie Farbe, Licht, Form, Perspektive. Eiermann fiel auf, dass sich in der ganzen Sammlung kein einziges Werk befand mit einem „nationaldeutschen“ Thema, wie ein Schlachtengemälde oder Historienbild, ebenso keine Akademiewerke wie etwa Gipsabgüsse.

Auch Spitzweg, der so gerne als Schilderer des beschaulichen Lebens verkannt wird, zeigt sich für ihn als Künstler, der ein friedliches Deutschland karikiert, keineswegs ein Abbild der Realität geschaffen hat.

Die deutschen Maler des 19. Jahrhunderts hätten auch beileibe keine „Heimatkunst“ produziert. Eiermann will das Publikum bei seinen Ausstellungen wieder an Generalthemen der Kunst erinnern. Einzelpersönlichkeiten oder Stilprobleme interessieren ihn dabei weniger.

Außerdem glaubt er, dass sich der „Event“-Charakter von großen, sensationellen Ausstellungen langsam überlebt hat.

Im Fokus hat er junge Leute, die von den bildungsbürgerlichen Annäherungen an Kunst wenig Ahnung haben.

Deshalb auch möchte er das 19. Jahrhundert vom Verdikt des „Volkstümlichen“ befreien. Bei seiner ersten großen Ausstellung unter dem Titel „Lockruf der Décadence“ (ab 4. 9. 2016) möchte er die Entwicklung in Deutschland hin zur so genannten Bohème zeigen.

Zum Rückert-Jahr 2016 zeigt er Ritterdarstellungen sowie die häufig verkannten Nazarener (ab 7. 4. 2016), beide vom Dichter geschätzt. Als Übergang zu den großen Ausstellungen gibt es politische Karikaturen, durch eine Zustiftung 2005 in die Sammlung gelangt (ab 20. 12. 2015).

Etwas scheint Eiermann häufig vernachlässigt: der Humor in der Kunst des 19. Jahrhunderts, ab 7. 5. 2017 im Vergleich zwischen Johann Baptist Pflug und Carl Spitzweg.

Ein Problem aber treibt Eiermann um: „Wie kann man in einer so bildgesättigten virtuellen Welt gerade die Jugend an Kunst heranführen?“

Darum bemüht er sich, neben den Fragen nach der Provenienz der Werke in der Sammlung.

Bildnachweis: Museum Georg Schäfer

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