Am 29. Mai 2009 eröffnete die Kunsthalle im ehemaligen Ernst-Sachs-Bad in Schweinfurt

von Petra Jendryssek

Die schönsten Geburtstagsgeschenke sind oft die, die man sich selbst macht. In diese Feststellung stimmen die Museen und Galerien der Stadt Schweinfurt sicherlich ein, wenn am 29. Mai die mit großer Neugier erwartete neue Kunsthalle im ehemaligen Ernst-Sachs-Bad (Rüfferstraße 4) für die Öffentlichkeit freigeben wird, denn 1984 wurde ihr Vorgänger, die Galerie Alte Reichsvogtei, als Galerie für zeitgenössische Kunst in Franken eröffnet. Jetzt nach 25 Jahren in zuletzt sehr beengten Verhältnissen in der Oberen Straße weilend kann sie mit dem Umzug in die neue Kunsthalle ihrer Bestimmung in großzügigem Rahmen noch repräsentativer nachkommen und damit Schweinfurt als das Kompetenzzentrum für zeitgenössische Kunst in Franken noch stärker herausstellen.

Wurde bisher die Geschichte der Kunst vornehmlich nach 1945 durch die Dauerausstellung und regelmäßige Wechselausstellungen beleuchtet, kann man mit dem Einzug der einzigartigen Sammlung Joseph Hierling, die sich im Untergeschoss der Kunsthalle der Zwischenkriegszeit und damit dem expressiven Realismus, widmet, in Schweinfurt nun eine Lücke schließen: Künftig ist die Kunst des ausgehenden 18. Jahrhunderts bis heute ohne Zäsur bei einem Besuch von Kunsthalle und Museum Georg Schäfer zu erleben.

Parallel zur regionalen Kunst hat man in Schweinfurt auch immer ein Auge auf die nationalen und internationalen Strömungen der Zeit gehabt, was sich nun bei der 1. Hängung und Positionierung der sammlungseigenen Arbeiten unter dem Motto “Diskurse” noch augenfälliger als bislang offenbaren wird. “Wir suchen die Auseinandersetzung mit verschiedenen, willkürlich getrennten Wahrnehmungsebenen der Kunst. Insbesondere die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges haben die ´Fronten` in der Kunst gründlich durcheinander gewirbelt”, kommentiert der Hausherr Dr. Erich Schneider das gewählte Präsentationskonzept, dessen Anliegen es sein soll, Diskurse, also Auseinandersetzungen, mit künstlerischen Standpunkten und Standorten zu erreichen oder gar zu provozieren, um dadurch zu neuen Einsichten zu gelangen.

Die Werke sollen dabei untereinander ins Gespräch gebracht werden und zugleich mit dem Betrachter kommunizieren, beschreibt der Leiter der Museen und Galerien der Stadt die Zielsetzung weiter und verweist in diesem Zusammenhang trefflich auf Josef Beuys, der meinte: “Durch Menschen bewegen sich Ideen fort, während sie in Kunstwerken erstarren.” Den Rahmen für diese bestimmt fruchtbaren Auseinandersetzungen liefert das 1931/32 nach den Plänen des Architekten Roderich Fick erbaute Hallenbad, das der Industrielle Ernst Sachs der Schweinfurter Bevölkerung anlässlich seines 60. Geburtstages zur Förderung der Gesundheit und zu deren Wohle und Segen schenkte. Als Volksbad zog es bis zu seiner Schließung 2004 Hunderttausende Besucher an. Seine neusachliche Architektur mit ihren charakteristischen Raumelementen blieben bei dem behutsamen Umbau erhalten. Der seinerzeit schon großzügige Raumzuschnitt hatte dem Architekten bereits im November 1930 die Kritik eingebracht: “... die Sache sähe halt eigentlich nicht wie ein Hallenschwimmbad aus, sondern mehr wie eine Festhalle, in der auch Kunstausstellungen stattfänden.” Vor dieser Aussage könnte man schmunzelnd sagen: Hier schließt sich nach knapp 80 Jahren mit der Umwidmung des Hallenbad in eine Kunsthalle der Kreis.

Bildnachweis: Museen und Galerien der Stadt Schweinfurt

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