Kulturpreisträger Jürgen Hochmuth stellt ab 24. Februar in der Sparkasse Mainfranken Würzburg aus

von Eva-Suzanne Bayer (erschienen in Ausgabe 02/2011)

Jürgen Hochmuth entwickelt aus dem zeichnerischen Prototyp - vier Linien, Dachdreieck drauf - oder der plastischen Urform - Quader, Pyramide - unzählige Spiel-Arten in der Einzelform und im Ensemble.

Das Haus in unendlichen Variationen ist seit 1990 das Thema des Plastikers und Zeichners Jürgen Hochmuth (geboren 1945), der im Dezember 2010 den alle zwei Jahre verliehenen Kunstpreis der Stadt Marktheidenfeld erhielt. Ab 24. Februar wird er auch in der Sparkasse Würzburg in der Hofstrasse ausstellen. Das Architektonische am Haus interessiert ihn in seinen Kleinplastiken, Zeichnungen und Collagen überhaupt nicht. Er entwickelt aus dem zeichnerischen Prototyp - vier Linien, Dachdreieck drauf - oder der plastischen Urform - Quader, Pyramide - unzählige Spiel-Arten in der Einzelform und im Ensemble. Und jedes Modellhaus regt beim Betrachter durch Form, Material, skulpturale Eigenschaften, haptische Reize neue Denkmodelle an.

Über den Schädel, die Kopfform, den Helm kam er zur dritten Haut des Menschen, zum Haus. Die meist kleinformatigen Bronze-, Eisen- oder Holzhäuser bemalt und bezeichnet er mitunter gestisch - und damit gegenläufig zum strengen Modul - verkleidet sie mit verschiedenen Papieren und Folien. Er überwölbt sie mit Bogenelementen, so dass das Haus in der Schädelform geborgen/gefangen ist. Und er setzt es, beklemmend vereinsamt, auf große Platten oder fixiert sie auf breiten Wippen. In diesen „Schaukelhäusern“ möchte der von kreativem Spiel in jeglicher Art Begeisterte am liebsten wohnen. Offene Systeme Selten haben seine Hausarchetypen mit Heimeligkeit zu tun. Sie sind abweisend, verschlossen, geheimnisvoll, auch unheimlich, sie verbergen mehr als sie offenbaren. In „offenen Systemen“ kauern Häuser nebeneinander, rhythmisieren sich im Arrangement, artikulieren Intervalle, machen die Begriffe Raum und Ort sinnlich nachvollziehbar.

Im Gegensatz zum anonymen Raum definiert das Haus einen bestimmten Ort, an dem sich Subjekt und Objekt, Endlichkeit und Unendlichkeit, Draußen und Drinnen, begegnen. „Haus“ hat für Hochmuth niemals mit Heimat zu tun. Es ist die Urzelle von Kultur und Gemeinschaft, Schutz und Gefängnis zugleich. Der gebürtige Würzburger studierte nach dem Abitur zuerst Philosophie und Kunstgeschichte, erkannte aber bald, dass er zum künstlerischen Beruf bestimmt war. Ab 1967 lernte er in der Bildhauerklasse von Prof. Heinrich Kirchner an der Akademie der Bildenden Künste in München, wurde 1970 Meisterschüler und legte auch die künstlerische Prüfung für das Lehramt am Gymnasium ab. Von 1973 bis 2006 war er Kunstpädagoge in Würzburg. Das praktische Schaffen gab er nie auf. „Nur wenn ich selbst tätig bin, kann ich das auch vermitteln“, sagt er. Er stellte seit 1979 überall in der Bundesrepublik von Lübeck bis Ulm, Freiburg bis Klagenfurt, aber auch dreimal in Paris aus.

Die Würzburger lernten ihn zuerst in der experimentellen Galerie am Zebrastreifen in Randersacker kennen. In der Sparkasse Würzburg in der Hofstrasse werden in der Ausstellung „Reihenhaus und andere Immobilien“ klein- und großformatige Objekte, Zeichnungen und Collagen zu sehen sein, die noch nie in Würzburg gezeigt wurden. Wie schon im „Spitäle“ im letzten Jahr stellt Hochmuth eine ganze Reihe im „offenen System“ unter ein Thema. „Ein Glück, dass wir ein Dach über dem Kopf haben“ lautet der Titel des Arrangements von dreißig Zeichnungen (2008/09). Wie man Hochmuth kennt, wird die Situation unter dem Dach, trotz verbal suggerierter Freude, eine emotional und visuell ziemlich zweischneidige Angelegenheit werden.

INFO: Vom 24. Februar 2011 (Vernissage: 17.30 Uhr) bis 29. April in der Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse Mainfranken Würzburg, Hofstrasse 7-9. Öffnungszeiten: Mo bis Fr: 8.30 bis 16.30 Uhr.

Bildnachweis: Hochmuth

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