Katalogpreis 2007 geht an die Würzburger Malerin Dorette Riedel

von Reiner Jünger, 11.12.2006

Die in Würzburg lebende Malerin Dorette Riedel bekommt den Katalogpreis 2007 des bayerischen Staatsministeriums für Kunst und Wissenschaft.Man wächst so schön in diese Stadt hinein, sagt Dorette Riedel - Absolventin der Kunstakademie Saarbrücken. Geboren 1974 in Gotha, aufgewachsen in Eisenach, verfügt Dorette Riedel über eine bewundernswerte, gesamtdeutsche Biografie. Besonders gern erinnert sie sich ganz besonders an ihre Deutschlehrerin am Gymnasium, die jung und aufgeschlossen, mit Jeans und engem Pullover, vor der Klasse stand und leidenschaftlich Heine vortrug. Da habe sie zum ersten Mal gespürt, dass die Freiheit im Kopf beginnt. Dieser Freiheitsgedanke habe sie nie mehr losgelassen. Und so träumte sie davon, ein Handwerk zu lernen und sich eine eigene Werkstatt einzurichten, in der sie ein bescheidenes aber selbstbestimmtes Leben führen könnte. Ein Schüleraustausch im letzten Schuljahr vermittelte ihr das Gespür für Freiheit und den Zugang zur Kunst.

Berlin fesselte sie später eine zeitlang bis sie eine Stelle in einer Bildschnitzerschule in der thüringischen Rhön fand, wo sie kunsthandwerkliche Schnitzerei erlernte. Bodo Baumgarten, Professor für freie Malerei - wurde ihr an der Kunstakademie in Saarbrücken zum wichtigsten Lehrer. Von ihm lernte sie, die Augen für Dinge zu öffnen, die sich aus Gegenwart und dem direkten Nachdenken über sie nicht erschließen und was noch wichtiger ist, Zwänge und Korsette abzustreifen und frei zu werden im Denken und im Handeln. Von nun an begann sie - wie im Spiel - Farbe fluten zu lassen und Bilder mit anderen Materialien zu komponieren. Schon während des Studiums wurde sie zur Chronistin für Theaterproduktionen. Herausragend wurde die Interpretation der Oper „Intolleranza1960" von Luigi Nono. Einige ihrer Kohlezeichnungen aus diesem Zyklus wurden sogar im Buch über die Oper veröffentlicht. Ihr zeichnerisches Talent entfalte sich am Besten, wenn sie „Modelle in größter emotionaler und körperlicher Spannung erlebt, sagt sie.

2007 erhält sie den Katalogpreis 2007 der Bayerischen Staatsregierung, der mit einer Einzelausstellung im Januar 2007 im Künstlerhaus des BBK in Würzburg verbunden ist: „Die Muse und das Monster" eine sehr anspruchsvolle geradezu dramaturgische Ausstellung, die schon jetzt mit Spannung erwartet wird. Der Katalog zur Ausstellung, der im Peter Hellmund Verlag in Würzburg erscheint, besteht aus fünf Teilen. Der erste Teil besteht aus Selbstauslöser-Fotos die in der „Völklinger Hütte" entstanden sind. Das Thema eine abstrakte Umsetzung von „Alice im Spiegelland" von Lewis Carrroll, kombiniert mit der „Zone" aus Tarowskijs „Stalker". „Mosaiken" nennt sie eine Reihe kleinformatiger Bilder, sezierende Blicke auf Körperteile, die in der Ausstellung ein verzögerndes Moment, einen Augenblick des Innehaltens im Strudel der Ereignisse bilden. Daran schließt sich der Myrrha-Reigen an, der traurig schönen Geschichte vom Mädchen, das ihren Vater lieben musste und als Baum Tränen weint. In der Umsetzung von Dorette Riedel verwandelt sich Myrrha in eine Holzpuppe, die ausbalanciert werden muss, um nicht zu stürzen. Mit der Puppe „Blanche" bildet sie die Mysterien der Blanche Wittmann ab, einer tragischen Person, die von Charcot - dem Leiter des Nervenkrankenhaus Hopital Salpetrière - als Favoritin gehalten wurde. An ihr nahm Charcot Versuche zur Hysterie vor, die er öffentlich aufführte. Den letzten „Akt" bilden Miniaturbilder, die sie „Schwarze Spiegel" nennt, eine Anspielung auf „4.48 Psychose", dem letzten Theaterstück der britischen Dramatikerin Sarah Kane, vor ihrem Freitod. In der Interpretation von Dorette Riedel bedeutet dies „per aspera ad astra" - „Auf rauhen Pfaden zu den Sternen."

Anzeigen