Ateliergespräch mit dem Maler und Kunstlehrer Thomas Wachter

von Reiner Jünger

Die in Wellen über die fränkische Höhe heranrollenden Wolken faszinieren mich stets aufs Neue, sagt der Maler und Kunstlehrer Thomas Wachter. Diese Grundstimmung wird zum bestimmenden Thema seiner künstlerischen Arbeit. Es ist eine Malerei, die auf den Urton der fränkischen Landschaft gestimmt ist. Thomas Wachter liebt die kraftvoll ruhigen Szenarien, wie ebene Flusslandschaften mit hohen Galeriewäldern und alles überwölbenden Himmeln. Den Main, der Franken in „tausend Bildern“ durchströmt, versteht er würdig und mächtig ins Bild zu setzen. Die Höhenlinien dieser Landschaft haben sich dem gebürtigen Mittelfranken eingeprägt. Das Malen vor der Natur wird für ihn zum bestimmenden Lebensgefühl. Kein leichtes Unterfangen, wie er gesteht, denn das wandernde Licht und die vorbeiziehenden Wolken lassen sich nur schwer im Bild festhalten. Aber es gibt dem Künstler die Möglichkeit sich den Vibrationen der Landschaft auszusetzen und den Raum in Schwingungen zu zerlegen. Dabei versteht sich der Würzburger nicht etwas als Impressionist, das Licht liefert ihm lediglich den Kontrast für seine Abbildungen. Der Malstil ist nicht flächig, sondern in einem rhythmisch wiederkehrenden Strich angelegt, der die Bilder belebt und beschwingt. Voluminöse Bäume und Sträucher wirken wie Posaunenklänge neben dem leichten Perkussion der sich weit ausdehnenden Graslandschaft. Die Bilder haben eine zweite abstrakte Bildebene, auf der sie durch die rhythmische Gliederung wie „digitalisierte Notenblätter“ erscheinen. Für seine Großformate fertigt er zahlreiche Aquarelle, Skizzen, Entwürfe und Fotos an, die er in seinem Atelier „ins Bild“ überträgt. Mich interessiert eigentlich nur die „reine Malerei“ sagt er erklärend, das Abbild ist daher lediglich eine von zahlreichen Ebenen, die das Bild zusammenhalten. Für einem Maler der gegenständlich bleiben will, eröffnet die Landschaft den Raum für die reinste Malerei. Hier können sich Farbe und Komposition am besten Entfalten ja geradezu Austoben. Wie einen Lehrsätze zitiert er Courbet: „Um eine Landschaft zu malen, muss man sie kennen.“ Eine Erklärung dafür, warum der Kunstlehrer immer nahe Landschaften malt.

Aber Thomas Wachter schildert auch die abgründige Seite der Malerei, das Selbstverliebte, das Autistische, die immerwiederkehrenden Ängste, die er dämonisch mit den Mitteln der Malerei zu bezwingen versucht. Es ist ein Lebensgefühl das nur sehr schwer zu vermitteln ist. Letztlich verwahre und archiviere ein Maler einen großen Teil seiner Lebenszeit in seinen Archiven. Malerei wird hier zu geronnener Lebenszeit, zum Abbild von Stimmungen, Gefühlen Ängsten und Abgründen. Ein Gefühl, das nur selten erkannt und beschrieben wird. Hier wird Malerei geradezu zu einer Obsession, die sich bis zur Sucht steigern kann. Begriffe wie Erfolg und Ruhm relativieren sich in einem Malerleben. Malen wird zu einem Akt der Selbstfindung und Selbsterkenntnis. Wenn diese menschliche Seite auf den Betrachter überspringt, schließt sich der Kreis.

Bildnachweis: Jünger/Wachter

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