Ottmar Hörl ist mit seiner "Plan B"-Konzeption in der Kunsthalle Schweinfurt zu Gast

von R. Freyeisen (erschienen in Ausgabe 05/2022)

Sechzigmal hockt die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg als "Das Gewissen der Welt" im Innenhof der Kunsthalle Schweinfurt als Skulptur aus Kunststoff. Dies ist Teil der seriellen Installation des Konzept-Künstlers Ottmar Hörl und seinem "Plan B".

Er will mit seiner Ausstellung in der Großen Halle, im Kunstsalon und in der Sparkassengalerie Fragen aufwerfen, Diskurse anstoßen, "veränderte Denk-, Seh- und Verhaltensweisen entwickeln" und dabei auf das Prinzip Hoffnung verweisen, wie es in der Welt weitergehen kann/soll. Dabei schadet Verwirrung beim Betrachten nicht. Denn es geht um Klimakrise, Überlebensstrategie, Selbstverständnis von Kunst, Infragestellung von Gewohnheiten. Natürlich ist das Ganze auch als metaphorische Reaktion auf das Scheitern von Plan A, die Menschheit aufzurütteln, zu verstehen.

Entstanden ist das aus dem progressiv seit 1997 sich erweiternden Werk Hörls, aus "Die Rede an die Menschheit". Es gibt nun 31 "Bücher" dieser Rede, auf Metallstelen ruhend. Wer aber versucht, darin zu blättern, geht irre, denn sie sind verschlossen, enthalten nichts; Ähnlich die zwei Drehsäulen mit Leitzordnern mit den Bänden 32 bis 301. Auch hier: Leere. All dies ist in der Halle aufgestellt und verteilt zwischen 25 viereckigen Säulen aus Pappkarton, acht Meter hoch. Hörl nennt diese Installation "Orakel", will so ein wenig an griechische Tempel erinnern. Doch die Verkündigung an die Welt, sichtbar an einer sich drehenden Weltkarte an der Wand, scheint umsonst. Also bleibt nur die Flucht, der Abschied von unserer Erde, hinter der Wand sichtbar in einer Installation mit 70 silbernen Astronauten-Männchen, die um runde, schwarze "Raumschiff"-Skulpturen, eigentlich metallene Wasserbehälter, herumstehen, sinnigerweise auf Fahrradständern. Auch diese "Rettung" der Menschheit, begleitet von Asteroiden-Fotos, scheint nur ein illusorisches Spiel als "Neue Heimat".

Ähnlich ironisch befasst sich Hörl auch mit dem Kunstbegriff. Im Kunstsalon im ersten Stock der Kunsthalle spielt er mit dem Material, mit einer Rauminstallation aus 28 Kartonagen-Skulpturen, geschichtet auf Sperrholzsäulen. Er nennt sie "nervöse Skulpturen", und hinten im Raum befinden sich dann in übereinander gestapelten Sperrholzkisten "schüchterne" Skulpturen - nicht zu sehen! -, an den Wänden hängen 92 schwarze, gleich große Textarbeiten, Skulpturen für Leute wie Journalisten, Faschisten, Broker, Politiker etc., also eigentlich austauschbar, denn es befindet sich kein Text darauf.

All dies wird begleitet von der Geräusch-Installation "Zeichnung spricht", bei der Hörl sich selbst bei seinem Tun auf Kassette aufnahm. Die Frage "Ist das Kunst oder nicht?" ist ihm dabei genauso unwichtig wie bei seinen Werken in der Sparkassengalerie. Die Bilder entstanden, wenn er in die dick auf die Leinwand aufgetragenen Acrylfarben mit seinen Fingern, mit Haushaltshandschuhen bewehrt, "zeichnete" und so Bewegungen vollführte. Die so entstandenen Unikate tragen dann Titel wie "Naturschauspiel" oder "Blutrausch". In Wirklichkeit aber sind sie schnell entstandene, spannungsgeladene Strich-Konglomerate von inneren, unbewussten Impulsen. Die Deutung bleibt dem Betrachter überlassen. Bis 26. Juni.

 

 

Bildnachweis: Julia Weimar, Peter Leutsch

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