Mainfrankens Theaterlandschaft: Die "Spessartgrotte" in Langenprozelten bei Gemünden

von Lothar Reichel

Vor der Kulisse der Spessartberge fließt der Main. Es ist diesmal eine lange Reise. Immer den Fluß entlang. Den Blick fest auf die Landschaft gerichtet, Gewerbegebiete, Mehrzweckhallen und Sportanlagen tapfer ignorierend.

Karlstadt, Gemünden, endlich Langenprozelten. Auch hier gibt es Theater, eine kleine professionelle Bühne. Was sich so verwunschen anhört - "Spessartgrotte" - entpuppt sich als Unikum. Eine Gaststätte, ein Familienbetrieb, ein Theatersaal der eigenen Art. Und der ist wirklich eine Grotte… Naja, Pappmaché halt, imitierte Stalaktiten, ein Gag aus den siebziger Jahren. Damals war das der Tanzsaal des uralten Gasthauses "Zum Engel", damals fand man das schummrig-schick. Bei Tageslicht wirkt es heute trostlos, aber wenn Theater gespielt wird auf der kleinen Bühne, dann hat die "Spessartgrotte " ihren eigenen Charme. Helga Hartmann, die Prinzipalin, ist 1986 mit ihren Kindern zurückgekehrt ins Elternhaus, in den Gasthof "Zum Engel". Aus mancher Not machte sie eine Tugend, funktionierte die verstaubte, leerstehende Grotte zur Kleinkunstbühne um. Begann mit Jazz und Kabarett. Dann Kindertheater. 1989 die erste Inszenierung einer Komödie: "Die Perle Anna". Das war noch Amateurtheater, doch der Umschwung kam rasch. Bei den nächsten Inszenierungen kamen bereits Profischauspieler dazu, und das ist heute Standard.

Regisseure und Schauspieler werden durch Stückverträge für einzelne Produktionen an die "Spessartgrotte " gebunden, kein leichtes Unterfangen, immer wieder Theaterleute nach Langenprozelten zu locken. Gespielt wird der gehobene Boulevard rauf und runter. Dazwischen ab und zu bearbeitete Klassiker. Schon 1991 schlug die unverwüstliche "Mausefalle" von Agatha Christie auch außerhalb Londons alle Besucherrekorde. Die aktuelle Spielzeit begann mit "Ein Spiel von Liebe und Zufall" von Pierre Carlet de Marivaux recht literarisch, und herrlich schräg geht's seit Anfang März zu mit "Spiel's nochmal, Sam", Woody Allens geistreiche Hommage an "Casablanca". 99 Plätze hat die "Spessartgrotte" - eines muß man wissen: es gibt kein Parkett mit Bestuhlung, sondern die Besucher sitzen an Gasthaustischen. Denn ohne die Gastronomie vor der Aufführung, in der Pause und danach käme Helga Hartmann nicht über die Runden. Geldsorgen plagen sie durchaus, Bemerkungen wie "die Kosten fressen einen auf", "das ist ein hartes Brot", "immer hart am Rand vom Abgrund" mögen das unkommentiert illustrieren. Es gibt öffentliche Zuschüsse, aber die Stadt Gemünden beispielsweise (Langenprozelten ist Ortsteil) setzt lieber auf die Scherenburgfestspiele.

Deshalb tritt man die lange Rückreise nach Würzburg recht nachdenklich an, Gewerbegebiete, Mehrzweckhallen und Sportanlagen fest im Blick. Ach, wie kann dieses Land so häßlich sein… Und weshalb ist für das eine so viel Geld vorhanden - und für das, was die Seele schön findet, offenbar nicht? Naja, die alten Fragen eben…

INFO:
Spessartgrotte - das Theater in Mainfranken
Leitung: Helga Hartmann Mainuferstraße 4, 97737 Gemünden - Langenprozelten,
Parkplätze am Main

Kartenvorverkauf und Platzreservierung:
Tel. 09351/34 15 Fax 09351/29 32 www.spessartgrotte.de
e-mail: info@spessartgrotte.de

Weitere Vorverkaufsstellen:
Ticket-Service (Tabak-Schneider), Lohrtorstr. 2, Tel. 09352/9488,
Touristinformation, Falkenhaus Würzburg, Tel. 0931/37 23 98

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