Die Spielzeit am E.T.A. Hoffmann Theater Bamberg unter dem Motto „Fortschritt!“

von nio (erschienen in Ausgabe 10/2019)

Goethes „Faust 1in2“ eröffnete die Spielzeit: Faust glaubt nicht an jenseitige Belohnung. Für ihn ist die Welt ein totales „Sofort“, das Leben eine letzte Gelegenheit für alles.„Nur jeder Dritte glaubt an technischen Fortschritt“, das ist die Quintessenz einer aktuellen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Doch eine Gesellschaft, die sich am wissenschaftlichen und technischen Fortschritt nur widerwillig beteilige, weil sie in ihm eine Gefahr für die Sicherheit sehe, gefährde ihre Zukunft. Im E.T.A. Hoffmann Theater Bamberg werden diese Gedanken in der kommenden Spielzeit unter dem Motto „Fortschritt!“ aufgegriffen. Fortschritt soll in all seinen Facetten betrachtet werden – technologisch, wissenschaftlich, gesellschaftspolitisch.


„Die Veränderungen sind eklatant“, so Intendantin Sibylle Broll-Pape. Sie würden Möglichkeiten, aber auch Gefahren in sich bergen. „Wer hält mit wem Schritt?“, „Ist die Technik rasanter als der Geist?“ Und vor allem: „Kann Kunst hier lenken?“ Viele klassische Autoren hätten sich bereits mit dem Fortschritt befasst. Denn ohne Fortschritt, so auch Sibylle Broll-Pape, gehe es nicht. Das E.T.A. Hoffmann Theater möchte daher auch nicht „verdammen“, sondern einen „realistischen Blick“ wagen – und das mittels eines „großen Autorenbogens“, sinnlich und unterhaltend.

Insgesamt zwölf Neuproduktionen stehen auf dem Programm. Vier davon sind Ur- respektive Erstaufführungen. Unter der Regie der Intendantin wurde die Spielzeit am 11. Oktober eröffnet. Goethes „Faust 1in2“ konzentriert sich vor allem auf den zweiten Teil. Aus gutem Grund: „Goethe zeichnet hellsichtig und dunkel zugleich die Herausforderungen unserer Zeit bis heute“, so Chefdramaturg Remsi Al Khalisi.

Björn SC Deigners Stück „Der Reichskanzler von Atlantis“ hingegen stellt ab dem 13. Oktober das Absurde der nicht zu unterschätzenden Reichsbürgerbewegung zur Schau. Eine „grelle, bunte, düstere und zum Schreien komische Farce“, bei der dem Publikum das Lachen im Halse stecken bleibe. Komödienliebhaber kommen dank elegantem Sprachwitz und pointenreichen Dialogen bei Oscar Wildes „Bunbury – Ernst sein ist alles“ ab 29. November auf ihre Kosten.

Klassisch und mit humanistischer Botschaft ausgestattet wird es dann zu Weihnachten – ab 16. November – mit Hans Christian Andersens „Die Schneekönigin“. Mit „Sieben Nächte“ von Simon Strauß bringt das Theater ab 22. November außerdem die ungestillten Sehnsüchte einer ganzen Generation auf die Bühne. Freuen darf sich das Publikum außerdem auf das Auftragswerk „Das Ende der Menschheit“ des Friedrich-Luft-Preisträgers Bonn Park – übrigens seine erste Arbeit für Bamberg. Fortgesetzt wird die Zusammenarbeit mit dem Autor Konstantin Küspert. „fort schreiten“ steht ab dem 24. Januar auf dem Spielplan.

Ab 6. März liegt der Fokus dann auf „Jugend ohne Gott“ von Ödön von Horváth, der in seinem Stück die beklemmende und von Ausgrenzung gezeichnete Anfangszeit der Nazi-Diktatur nachzeichnet. Mit Thomas Köck nimmt sich Bamberg in dieser Spielzeit auch einem der interessantesten und sprachmächtigsten Autoren seiner Generation an. In der Klimatrilogie „paradies fluten/hungern/spielen“ werden ab dem 14. März die Migrationsströme und die Ausbeutung von Mensch und Natur vor historischem Hintergrund beleuchtet. Der Mai 2020 gehört dann Anton Tschechows Komödie „Der Kirschgarten“, E.T.A. Hoffmanns „Der Sandmann“ und schließlich ab 27. Juni „Die Schule der Frauen“ von Molière im Rahmen der Calderón-Spiele.

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www.theater.bamberg.de

Bildnachweis: © Martin Kaufhold

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