Leporello im Gespräch mit dem Intendanten des Mainfranken Theaters Würzburg

von Susanna Khoury

 

Vor der Sommerpause haben wir uns mit Hermann Schneider über die vergangene Spielzeit unterhalten, was gut, was schlecht gelaufen ist und wie er Vieles im Rückblick beurteilt. Im zweiten Teil des Interviews wollen wir die Vergangenheit ruhen lassen und einen Blick in die Zukunft werfen...

Leporello: Der Zahn der Zeit hat am Mainfranken Theater genagt. Sanierungsmaßnahmen von mehreren Millionen sind notwendig, damit der Spielbetrieb in diesem Haus weitergehen kann.

Hermann Schneider: „Gebäude haben auch nur eine bestimmte Lebensdauer, dann setzt Materialermüdung ein. Es herrschen andere Sicherheitsstandards, andere Sozialstandards, es gibt andere Energiesparmöglichkeiten, eine andere Gebäudewirtschaft. Es ist seit langem bekannt, dass die Renovierung des Theaters ansteht und dringend erforderlich ist. Schon zum Ende der Ära Kleen war sie ein Thema, dann kam die Schließungsdebatte dazwischen. Und als das Weiterbestehen des Hauses auf der Kippe stand, wollte keiner dieses Thema auch noch anschneiden. Dank des Freistaates und der Stadt, dank der Rosenkavaliere, und dank unserer Mitarbeiter haben wir all das hinter uns gelassen. Wir können nach vorne schauen und über mehr als nur eine Aufrechterhaltung des Status Quo nachdenken, sondern darüber, dem Haus eine zeitgemäßere Form zu geben.“

L: Ende der Spielzeit 2010/11 wird das komplette Theater in die Ausweichspielstätte Frankenhalle ziehen, die bis dahin für rund 9,5 Millionen umgebaut werden muss. Die Projektplanung dafür beläuft sich auf 270 000 Euro. Diese Summe wurde bereits vom Würzburger Stadtrat genehmigt. Das Räderwerk läuft an...

H. S: „Es geht nicht darum, etwas politisch einzutakten und Mehrheiten dafür zu finden, sondern darum, was diese Stadt will. Ich sehe uns als Anlass, oder Anlasser für eine Quartiererschließung auf der Strecke Kulturspeicher, Hafensommer, Kino, CCW/CCWplus. Ob und wie wir uns das leisten können, muss man sehen. Auf jeden Fall sollten wir optimistisch sein und sagen „Yes, we can!“

L: Wie lange wird die Generalsanierung des Mainfranken Theaters voraussichtlich dauern?

H. S: „Ich gehe von einer zweijährigen Schließungszeit des Hauses aus.“

L: Welchen Herausforderungen sehen sie sich bei der Übergangsspielstätte Frankenhalle gegenüber?

H. S: „Wir werden sicher nicht versuchen eine Guckkastenbühne, die wir dort nicht haben zu behaupten. Ich werde aus der Not eine Tugend machen! Bernhard Stengele und ich wollten schon lange einmal ein großes Shakespeare-Projekt angreifen, das bietet sich dann an. Es wird sicher generell ein anderer Spielplan sein als gewohnt. Mit einer Bühne á la globe theatre muss man andere Spielformen finden und ein anderes Repertoire anbieten. Vielleicht auch eins, das man sonst nicht machen würde. Zwei Spielstätten, Arenabestuhlung, flexible Podien – da hat man Gestaltungsspielräume für alle Sparten, zum Beispiel auch Crossoverprojekt wie ein Rock-/Popmusical, was nicht heißt, dass eine klassische Operette wie „Die lustige Witwe“ nicht auch laufen kann.“

L: Es wird richtig viel Geld in die Hand genommen, um die Frankenhalle „bespielbar“ zu machen. Haben Sie keine Bedenken, dass das „Provisorium“ zur Dauerlösung wird?

H. S: „ Das wäre indiskutabel! Das wäre weder dem Publikum, noch den Theaterschaffenden vermittelbar. Und das wäre auch nicht im Sinne der Stadt. Der OB selbst setzt sich ja massiv für das Theater ein, und ich bin guter Dinge, dass wir das Theater und die Stadt durch den Umbau noch weiter nach vorne bringen.

L: 2010/2011 ist auch das Jahr in dem die Finanzierung des Theaters nicht mehr sicher gestellt ist, die Stadt wieder zum Freistaat gehen muss ... und dieses Mal gleich um noch mehr Geld bitten als bisher.

H. S: Frau Khoury, Sie legen den Finger in die Wunde. Ihr Einwand ist nicht von der Hand zu weisen. Und man muss es auch offen und sachlich benennen, wie Sie es gerade tun. Das Problembewusstsein ist bei allen Gesprächen, die wir (Herr Heuberger und ich) in großer Runde mit OB und städtischen Referenten geführt haben durchaus da.

L: Wo sehen Sie das Mainfranken Theater in fünf bis zehn Jahren?

H. S: Als Künstler ernähre ich mich von Utopien und Visionen ... in fünf bis zehn Jahren ein Stellenplan wie vor dem Abbau - eine Ballettcompagnie von 12 festen Positionen, 24 Chorstellen, 17 Schauspieler/innen, ein größeres festes Musiktheaterensemble - und dazu gehört eigentlich auch ein größeres Orchester mit 60 statt 56 Stellen, wie es dem B-Status entsprechen sollte. Darüber hinaus sicherlich vor allem eine Vergrößerung unseres technischen Personals in den Werkstätten - hier wurden durch den Abbau 2003/04 auch fünf Stellen gestrichen. Und im Bereich des künstlerischen Hilfspersonals, etwa Regieasisstenz haben wir immer wieder Engpässe. Das ist ganz pragmatisch. Ebenso mein Wunsch neben der großen Bühne eine weitere Spielstätte mit circa 200 Plätzen zu haben, wo wir mit dem Schauspiel das Kernrepertoire der klassischen Moderne anbieten können.

L: Sie sprechen von „wir“. Sehen Sie sich in fünf bis zehn Jahren auch hier am Haus?

H. S: Das weiß ich nicht! Das ist wie bei Moses..., ob ich dann ins gelobte Land einziehe? Ich habe erst einmal einen Vertrag bis 2013. Man wird sehen, ob ich nur die Übergangszeit noch mache..., aber das ist Zukunftsmusik! Im Moment ist es eine schöne Herausforderung für mich auf so ein Ziel hinzuarbeiten und dass ich hier mit Ihnen sitze und über die Zukunft eines Haus, das vor neun Jahren geschlossen werden sollte, sprechen kann, das ist doch schon einmal ein gutes Zeichen!

Bildnachweis: Falk von Traubenberg

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