Götz Lanzelot Fischer im Gespräch mit Leporello über Figurinen, Traumwelten und Würzburg

von umm

Götz Lanzelot Fischer trifft Vorbereitungen für die Produktion „Aida“ in Helsinki unter der Regie von Georg Rootering.

Er würde nie einen Stoff kaufen, den er nicht in der Hand gehabt, gespürt und seinen Fall überprüft hat. Beim Befühlen bekommen die Figurinen, von Götz Lanzelot Fischer vorher auf Papier gezeichnet, eine Dimension. Es ist immer der gleiche Kreislauf. Mit den ersten Gedanken an ein auszustattendes Stück beginnt eine intellektuelle und künstlerische Herausforderung. Nach ersten Gesprächen mit dem Regisseur kennt er Geschichte, dramaturgische Ideen, hat vielleicht Musik dazu gehört, Sekundärliteratur gelesen. Möglicherweise in alten Figurinen geblättert, hat auf jeden Fantasie und Gedanken kreisen lassen.In einem kreativen Akt entsteht eine Zeichnung. Götz Lanzelot Fischer ist noch einer der alten Schule. Der Kostümdirektor und erste Kostümbildner des Mainfranken Theaters Würzburg zeichnet, meist sehr groß, aquarelliert. Selten haucht er mit Kuli etwas aufs Papier. Dann geht es an die Ausführung. Fischer ordert das ausgewählte Tuch, schleppt es, wenn‘s sein muss, sogar im Koffer mit nach Hause. In der Würzburger Theaterwerkstatt warten zwei Gewandmeister, acht Schneiderinnen und Schneider, zwei Auszubildende, sechs Ankleiderinnen und eine Assistentin auf seine Entwürfe. Von klein auf konnte sich der 1957 geborene Wiesbadener keinen anderen als einen Theaterberuf vorstellen. Schon als Kind spielte er historische Fernsehfilme mit Puppen nach, die er mit allen möglichen Stofffetzen umwickelte. Er sang hohen Sopran im Knabenchor, stand als Jugendlicher als Statist auf der Bühne und liebte, inspiriert und unterstützt von der Mutter, einer Opernsängerin, diese Mischung aus Kulisse, Licht, Traumwelt und realen Menschen. „Wenn du einmal auf der Bühne gestanden, die Spannung und den besonderen Reiz gespürt hast, dann hast du Blut geleckt“, erklärt er sich heute die nie endende Faszination, die ihn an die Bühnenbretter bindet. Folgerichtig studierte Fischer nach dem Abitur Kunstgeschichte in Mainz und Kostümdesign in Trier. Wollte man heute alle Produktionen aufzählen, die der emsige Mann mit dem flinken Zeichenstift ausgestattet hat, käme man weit über 200. Er arbeitete für Fernsehsender wie ZDF, SAT 1 und RTL, machte einen kurzen Abstecher in die Modewelt und entwarf als Chefdesigner einer Modefirma Kollektionen für New York, Mailand und Athen, kehrte jedoch reumütig zum Theater zurück. „In Würzburg bin ich gern, weil die Stadt wunderschön und liebenswert ist“, schmunzelt Fischer. Aber auch, weil der Intendant ihm die Möglichkeit gibt, freiberuflich an großen Häusern im In- und Ausland zu arbeiten. In der neuen Spielzeit wird Fischer außer in Würzburg auch in München, Halle und Kassel tätig sein und die Sänger der Finnischen Nationaloper Helsinki in der Verdi-Oper Aida einkleiden.

Bildnachweis: Heikki Tuuli

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