Der 83jährige Torturmchef Veit Relin über sein erfülltes Leben

von Uschi Düring

Auch in Winterhausen kehrt allmählich der Frühling ein. Im Garten der Relins spitzen Schneeglöckchen, an der hölzernen Eingangstür leuchtet eine rote Ranunkel. Torturmtheater-Prinzipal Veit Relin steht im sonnendurchfluteten Atelier. Neugierde, dann Lächeln springen aus seinen blauen Augen. Ein wacher Mann, der den Besuch herzlich begrüßt. Schlank und schön ist er wie eh und je, jugendlich im grauen Rolli und der sportlichen Weste. Die weißen Locken sind kürzer als gewohnt. „Hat die Geli geschnitten“, schmunzelt Relin und lächelt seiner Frau zu. Und erinnert sich prompt an das Jahr 1946. Da hat er im Innviertel Theater gespielt, Haare geschnitten und Naturalien als Gegenleistung erhalten. „Ich war schon immer am Handwerkszeugs der Barbiere interessiert“, erzählt er, und, zwischen zwei Zigarillozügen, dass seine Haarschneidekunst nicht immer auf Beifall gestoßen ist. Also ist er bei seinem Leisten geblieben. Beim Theater mit all seinen Facetten, beim Malen und Zeichnen. An den weißen Wänden, auf dem roten Cottofliesenboden - überall Bilder, Zeichnungen, Skizzen. Dicke und dünne Pinsel in großen Gläsern neben Farbtuben jeglicher Couleur. Der Stil des Malers Relin ist unverkennbar, die weißen Kacheln des Ofens tragen ebenfalls seine Handschrift. Der Allround-Künstler arbeitet mit Tusche und Rohrfedern. Die schneidet er sich im Garten in Sommerhausen ab und richtet sie zurecht. „Der Akt ist am schwierigsten. Den muss man ununterbrochen trainieren, um in Form zu bleiben.

Und man ist verzweifelt, wenn etwas nicht so gelingt, wie man es sich vorgestellt hat“. Er trainiert täglich. Nicht nur Aktzeichnen. Nach dem Frühstück im Bett mit Bergen von Obst arbeitet er täglich energisch, setzt sich täglich neu auseinander. Als Bürger, als Maler und als Theatermann. Im Laufe seiner langen Schauspielkarriere ist der Torturmchef unzähligen interessanten Menschen begegnet, Bertolt Brecht beispielsweise, Maurice Bejart, Oskar Kokoschka, Elisabeth Bergner. „Lieber goldiger Veit“, hat sie ihn in einem Brief genannt. Erinnerungen werden wach, Relin hat in beinahe 83 Jahren genug erlebt. Die schreibt er gerade handschriftlich auf, Angelika Relin erfasst sie im Computer. „Ich habe alles voll ausgefüllt, was in einem menschlichen Leben ausgefüllt werden kann“, sagt Relin. Er glaubt an die Arbeit, an das Schöne, an die Liebe. An seiner silbernen Kette, einem Beduinenschmuck, den er vor dreißig Jahren bei den Dreharbeiten zur „Braut von Messina“ in Jerusalem erstanden hat und den er täglich trägt, hängen zwei Ringe. Es sind die Ringe der beiden Frauen, die sein Herz am meisten berührt haben: Maria Schell und Angelika Relin.

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