Der Chef des Schweinfurter Theaters, Rüdiger R. Nenzel, geht in den Ruhestand

von Lothar Reichel

Zum 1. Mai 1991 begann Rüdiger R. Nenzel als Theaterchef in Schweinfurt, Ende Januar 2006 verlässt er das Haus.Bis heute weiß ich nicht, wofür das "R." in Rüdiger R. Nenzels Namen steht. Bezeichnend vielleicht für das Wechselspiel zwischen Nähe und Distanz zum scheidenden Chef des Theaters der Stadt Schweinfurt. Wir kennen uns recht gut, haben in unzähligen Pausengesprächen gefachsimpelt und diskutiert, viele Interviews zusammen gemacht, in mäandernden Unterhaltungen über das Theater, das Leben und den Zusammenhang zwischen beiden philosophiert.

Eine letzte formelle Distanz ist in all den Jahren stets geblieben – musste vielleicht bleiben, weil trotz der gemeinsamen Begeisterung für das Theater die Ausgangspositionen verschieden waren: Auf der einen Seite der manchmal dünnhäutige Theatermacher, der stolz war auf seine "Wundertüte", seinen so reichhaltig-vielfältigen Spielplan, jedes Jahr neben all den künstlerischen Meriten ja schon allein ein organisatorisches Wunder. Demgegenüber der Kulturjournalist, dessen Grundhaltung vom kritischen Blick geprägt ist, von der Suche nach dem Haar in der Suppe. Solche Begegnungen können schiefgehen, aber es spricht für Rüdiger R. Nenzel, dass sie immer gut ausgegangen sind.

Beglückende Theaterabende

Denn er hat, was nicht allen Theaterleuten zu eigen ist: ein von Liebenswürdigkeit und Offenheit geprägtes Verhältnis zur Presse. Was nicht heißt, dass er mit ihren Vertretern nicht auch kräftig hadern kann.

Zumal in Zeiten, wo der Platz für "Kultur" so kräftig beschnitten ist wie nie zuvor. Ironie ist ihm überhaupt nicht fremd, und man kann sie zu spüren bekommen, wenn man vordergründig-oberflächlich herummeckert. Aber er hat immer zu vermitteln gewusst, dass ihm die begründete Kritik, der Blick "von außen" auf "seinen" Spielplan wichtig und willkommen ist. Er selbst war ja auch manchmal enttäuscht und traurig. Wenn eine Produktion, die aus der Ferne viel versprochen hatte, im Schweinfurter Haus dann nicht standhalten konnte. Aber letztlich: Was zählen ein paar Missgriffe in mehr als 14 Jahren voller anregender, aufregender, beglückender Theaterabende? Es ist nicht selbstverständlich, dass ein "bespieltes Haus", also ein Theater, das nur Gastspiele kennt, den gesamten Kosmos der Bühnenkunst präsentiert. Das Schweinfurter Theater hat das von Anfang an getan, und Rüdiger R. Nenzel hat diesen Hochseilakt virtuous weitergeführt.

Jetzt muss er die Balancierstange an andere Hände weitergeben. Den Applaus auf offener Bühne hat er als Theaterleiter in Schweinfurt nicht allzu oft bekommen. Deshalb an dieser Stelle: Applaus und Standing Ovations...

Bildnachweis: Laszlo Ruppert

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