Intendant Christian Kreppel geht mit der Zeit und setzt auf Tanztheater in Schweinfurt

von Lothar Reichel (erschienen in Ausgabe 10/2011)

„Die Emotionalität des Tanzes, das ist etwas für unsere Zeit“, meint Christian Kreppel, der Leiter des Schweinfurter Theaters.

Das Haus, in dem Ballett und Tanztheater schon immer großgeschrieben wurden, feiert in dieser Sparte seit Jahren riesige Erfolge und verzeichnet ungewöhnliche Zuwächse in der Publikumsresonanz. Für die knapp zwanzig Vorstellungen in der aktuellen Saison, in denen Ballett angeboten wird, braucht es quasi keine Werbung mehr; sie verkaufen sich von allein.

Das Tanz-Abo, das Christian Kreppel 2006 einführte, hat in fünf Jahren etwa 500 Abonnenten hinzugewonnen. Über eine Verdoppelung des Angebots denkt der Theaterchef inzwischen nach. Woher kommt die Faszination? Unter anderem wahrscheinlich daher, dass Tanztheater sehr direkt ist. „Man braucht als Publikum keine Vorbereitung dazu“, sagt Kreppel. Anders als Oper oder Schauspiel spricht Ballett in seinen unterschiedlichen Formen die Sinne unmittelbar an.

Musik und Bewegung erfasst man, auch ohne viel über Hintergründe, Geschichte, Handlung oder kulturhistorische Bedeutung zu wissen. Außerdem ist die Bandbreite der Musik im heutigen Tanztheater enorm breit. Die geht von der Klassik bis zur Moderne, von der Weltmusik jeglicher Couleur über Jazz bis zur Popmusik. Das spricht pluralistische Menschen von heute natürlich an und spannt sich auch über die Generationen. Die Ausdrucksmöglichkeiten sind schier unerschöpflich; sie reichen vom klassischen Handlungsballett à la „Schwanensee“ über abstrahiertes, stilisiertes Tanztheater zu experimentellen Formen, bei denen Grenzen verwischen oder ganz aufgehoben werden.

„Dem Publikum kann es nicht fordernd genug sein“, urteilt Christian Kreppel. Auch das eine interessante Erkenntnis, weil doch sonst im Musiktheater und im Schauspiel das Neue, das Verstörende, das Ungewöhnliche in der Regel auf Skepsis und Ablehnung stößt.

Acht bis neun Projekte bietet das Schweinfurter Theater pro Spielzeit an und versucht immer wieder, das gesamte Spektrum des Tanzes zu zeigen – in möglichst bunter Mischung. In dieser Saison gibt es zwar kein klassisches Handlungsballett im eigentlichen Sinn, dafür aber internationales Tanztheater in den unterschiedlichsten Facetten. Nach der „Soulfoot-Show“ Anfang Oktober, die eine Art Tanz- Weltreise bot, gastiert bereits am 22. Oktober das brasilianische Balé da Cidade Sao Paulo erneut in Schweinfurt und zeigt drei sehr unterschiedliche Choreographien, in denen sich europäische Tradition und südamerikanisches Lebensgefühl miteinander verbinden.

Ein absolutes Highlight wird nach Ansicht von Christian Kreppel das erstmalige Gastspiel der Compagnie Marie Chouinard aus Montreal sein; die Kanadierin genießt mittlerweile Kultstatus und erregt mit ihren eigenwilligen Choreographien weltweit Aufsehen. In Schweinfurt steht dieses Ereignis am 26. Februar an.

Bildnachweis: Kreppel

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