Deutsche Erstaufführung von "Mademoiselle Molière" im Theater Sommerhaus

von Renate Freyeisen (erschienen in Ausgabe 05/2022)

Der berühmte Komödien-Autor und Theaterleiter Molière (1622-1673), in Paris geboren als Jean-Baptiste Poquelin aus begüterter Familie, Jesuitenzögling, ausgebildet als Tapissier und Anwalt, war früh von der Leidenschaft zum Theater erfasst, wurde Schauspieler und Theaterleiter; so lernte er die vier Jahre ältere Madeleine Béjart kennen, gründete mit ihr eine Wandertheatergruppe, die aber bald bankrott war. Ab 1655 schrieb er eigene Werke; erst eine Einladung an den Hof von Paris besserte die finanzielle Situation. Zu dieser Zeit spielt das Stück ãMademoiselle Molière von Gérard Savoisien.

Das Theater Sommerhaus konnte sich die deutsche Erstaufführung sichern, und Regisseurin Iwona Jera gab ihr mit Barockmusik und prächtigen Gewändern viel Flair. Alles beginnt als angedeutete Theateraufführung auf der linken Bühne, als Erinnerung an Molières erfolgreiches Stück "Die Schule der EhemännerÒ" von 1661.Das private Leben von Molière und seiner Gefährtin Madeleine aber findet statt auf der Hauptbühne in der Mitte; Tisch und zwei Stühle reichen als Möblierung.

Madeleine umsorgt ihn hier rührend. Sie ermutigt ihn, als er sich als Versager fühlt und verzweifelt ist über den Auftrag, innerhalb von 14 Tagen eine Ballettkomödie für den Hof zu verfertigen, zumal Madeleine als Nymphe dabei einen Prolog sprechen soll. Schon aber mehren sich die Anzeichen für einen Riss im Verhältnis zwischen dem Dichter und Madeleine, denn er interessiert sich auffällig für deren Tochter, 20 Jahre jünger als er. Schließlich gesteht er, dass er sich in die 18-jährige Armande verliebt hat; er will sie heiraten. Madeleine ist fassungslos. Eifersucht, lautstarker Streit sind die Folgen. Selbst die Katze bleibt auf der Strecke. Madeleine bezweifelt, dass er mit der Jüngeren auf Dauer glücklich wird. Schließlich trennen sie sich; er geht, aber sie werden weiterhin miteinander auftreten. Frucht dieser Auseinandersetzung ist die Komödie "Die Schule der Frauen".

Die Beziehung zu Molière jedoch bleibt für Madeleine ein "Edelstein". Sehr wirklichkeitsnah findet der Alltag im Zimmer der beiden Akteure statt. Seine Bühnenauftritte, begleitet von Applaus, markieren seine Erfolge. Heiko Schnierer ist als Molière ein unruhiger, nervöser Geist, unzufrieden mit dem Erreichten, von Selbstzweifeln geplagt, ein Mann mit sexuellen Wünschen, aber auch selbstbewusst und nicht unsympathisch. Brigitte Obermeier als tragisch liebende Madeleine bewegte sich in ihrer prächtig ausladenden, zuerst blauen, dann roten Barockrobe geschickt als praktisch handelnde Hausfrau, imponierte aber auch mit Perücke auf der Bühne; sie fühlt sich am Ende ausgenutzt, "abgeschoben", lässt ihre abgrundtiefe menschliche Enttäuschung und Trauer ergreifend spüren. Das vermittelt sie mit großer Glaubhaftigkeit: Sie überzeugt mit erhobenem Kopf und zeigt Gesicht... Was am Ende bleibt: die Liebe zum Theater, das für beide Protagonisten das Leben bedeutet. 

 

i www.theater-sommerhaus.de

Bildnachweis: Oliver Mack

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