Die Theater der Region bieten derzeit prall gefüllte Spielpläne, die Besinnlichkeit, Kurzweil und Nachdenkliches vereinen

von nio (erschienen in Ausgabe 11/2022)

Theater Chambinzky

Brillante, witzige Dialoge und zwei faszinierende Persönlichkeiten – das sind die Zutaten, mit denen das Theater Chambinzky die Herzen seiner Zuschauer:innen noch bis zum 17. Dezember erfüllt. Auf dem Spielplan steht Mark St. Germains Komödie „Die Tanzstunde“ unter der Regie von Martina Esser. Im Zentrum steht ein denkbar ungleiches Paar – wider Willen. Auf der einen Seite der Asperger-Autist Ever Montgomery, Professor für Geowissenschaften. Auf der anderen Seite die Broadwaytänzerin Senga. Absurd-komische Situationen, beim Versuch, Ever das Tanzen beizubringen, sind vorprogrammiert. Und am Ende kommt schließlich beider Leben in Bewegung. The Boston Globe urteilte: „Man will, dass es niemals aufhört!“ Dem schließen wir uns unverblümt an.

Noch bis 26. Dezember wird es dann richtig besinnlich. An den Adventssonntagen gibt das Ensemble „Eine Weihnachtsgeschichte“, ein Kunstmärchen nach Charles Dickens. Das Besondere: Das bekannte Weihnachtsmärchen gibt es in Kooperation mit der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt (FHWS) – Fakultät für Gestaltung und Informationsdesign in einer liebevoll ausgearbeiteten Fassung zu sehen. Die neue Fassung stammt aus der Feder von Carsten Steuwer. Ab der Saison 2022/2023 übernimmt dieser im Theater Chambinzky das Amt „Künstlerischer Leiter für Inklusionstheater“, um durch verschiedene Projekte das Theatererlebnis im Chambinzky auch für Menschen mit Behinderung attraktiver zu gestalten. Ab dem 22. Dezember steht zudem eine Uraufführung auf dem Programm. „Cristo’s Himmelfahrt“ nach dem 2011 veröffentlichten Fantasy-Roman von Matthias Hahn behandelt grundsätzliche Fragen – (nicht nur) im Jahr 2088. Kriege, Klimawandel, Konsumenten-Paradies? Wohin steuert die Menschheit? Ab dem 31. Dezember heißt es schließlich „A long way down“. Das Schauspiel nach dem Roman von Nick Hornby ist eine Wiederaufnahme – denn der Lockdown 2020 hat dieser sehenswerten Inszenierung einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht.

Theater Ensemble

„Ramper ist ein Flieger, der in einer Bucht in Mittelgrönland, von aller Verbindung mit der Welt abgeschnitten darauf wartet, aus der Gefangenschaft in Schnee und Eis erlöst zu werden.“ So beginnt Max Mohrs „Ramper“ und damit auch Herbst- und Winterzeit beim Theater Ensemble. Noch bis 19. November ist das Werk des 1891 in Würzburg geborenen Autors und Dramatikers zu sehen. Ab 2. Dezember wird dieses abgelöst von George Orwells „1984“ unter der Regie von Andreas Büettner. „Der Roman ist mittlerweile Teil des kollektiven kulturellen Bewusstseins“, ist man sich im Würzburger Haus bewusst. „‚Big Brother is watching you‘ und Begriffe wie ‚Neusprech‘ oder ‚Doppeldenk‘ sind in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen.“ Mit „Notizen aus der Woken Provinz“ gibt es am 1. Januar zudem eine Theater-Installation begleitend zur Inszenierung.

Theater Werkstatt

In Würzburgs ältestem Privat-Theater, der Theater Werkstatt in der Rüdigerstr. 4, gibt es noch bis zum 16. Dezember „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ des französischen Erfolgsautoren Eric-Emanuel Schmitt. Und auch hier gibt es eine Besonderheit: Denn um die völkerverbindende Idee des Autors weiterzuführen, wird die Inszenierung begleitet von Live-Musik jüdischen und arabischen Ursprungs. Doch dem nicht genug. Ab dem 14. Dezember steht ein weiteres Novum in den Startlöchern. Gezeigt wird „Sein oder Nichtsein“, eine schwarze Komödie von Nick Whitby nach dem gleichnamigen Film von Ernst Lubitsch aus dem Jahr 1942. Mit dieser Produktion weiht das Theater gleichzeitig seine neue Zweit-Spielstätte im Kulturspeicher (vormals „tanzspeicher“) am Oskar-Laredo-Platz ein. Diese wird dank einer Kooperation mit dem neu eröffneten „Theater Augenblick“ auch künftig für einzelne größere Projekte zur Verfügung stehen.

Theater am Neunerplatz

Das Theater am Neunerplatz zeigt noch bis zum 4. Dezember „Alice“ nach Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“. Das Avantgarde-Musical von Robert Wilson, Tom Waits und Katheleen Brennan beschäftigt sich mit Lewis Carroll, dem Autor von „Alice im Wunderland“ und „Durch den Spiegel und was Alice dort fand“, und seiner Besessenheit von der jungen Alice Liddell, dem Mädchen, das ihn zu diesen Werken inspirierte. Im Fokus stehen die Verwirrungen und Obsessionen von Caroll. Denn der kann Handlung und Gegenwart, Traum und Wirklichkeit, die Figur und die reale Alice nicht mehr unterscheiden. „Großraumdichten & Kleinstadtgeschichten“ gibt es am 8. Dezember. Diesmal sind der vielfach ausgezeichnete Bamberger Autor Martin Beyer und die ebenfalls preisgekrönte Leipziger Posaunistin Antonia Hausmann mit an Bord, die eine Best-of-Auswahl ihrer gemeinsamen Bühnenprogramme präsentieren. Vier Schauspieler und ein Pianist spielen aus dem Stehgreif Szenen nach Vorschla?gen des Publikums – das erwartet das Publikum am 9. Dezember mit den Würzburger Beutelboxern. Heiter wird es außerdem am 10. Dezember mit „Christmas-Stories – der improvisierte Festtagswahnsinn“. Der Plot lässt schon jetzt erahnen, wie turbulent es zugehen wird: Krawall bei der vorweihnachtlichen Shoppingtour, die politisch inkorrekte Tante und betrunkenes Knutschen bei der Firmenfeier. Noch Fragen? Keine, denn der Kaktus zelebriert Weihnachten, ganz gleich, wie das ausgeht. Ab dem 15. Dezember ist es dann auch schon wieder Zeit für die „Inventur 2022“ mit Birgit Süß und Heidi Friedrich.

Theater Sommerhaus

Werfen wir zwischenzeitlich einmal einen Blick nach Winterhausen. In Brigitte Obermeiers Theater Sommerhaus läuft noch bis zum 27. November „Der Anruf“ von Stephan Eckel. Regisseur Hannes Hirth nimmt uns mit hinein in die Nachtschicht in einem Computer-Callcenter. Mitarbeiterin Eva erhält einen Anruf von Marc, der Probleme mit seinem Laptop hat. Während des Gesprächs zeigt sich der junge Mann als sympathisch, aufmerksam, witzig und charmant. Man flirtet, steht kurz davor, ein Treffen zu vereinbaren. Doch dann… kommt alles anders. Deutlich amüsanter wird es ab dem 30. November mit dem Musical „Himmlische Zeiten – Altwerden ist nichts für Feiglinge“. Diesmal entführt Regisseur Martin Hanns das Publikum in die Privatabteilung eines Krankenhauses, in der die denkbar unterschiedlichsten Charaktere aufeinandertreffen. Die „Diagnose“ ist jedoch eindeutig: Es ist ein Fest für das Leben und die Freundschaft. Aufgemerkt heißt es ab 4. Januar. Schließlich steht „Eine ganz heiße Nummer“ an. „Unbedingt anschauen“, lautete bereits in der Vergangenheit unsere Empfehlung für diese turbulente Komödie rund um ein kleines Dorf im Main-Spessart, in dem man aus finanziellen Nöten heraus äußerst erfinderisch wird.

Mainfranken Theater

Auch der Spielplan des Mainfrankentheaters ist in der Vorweihnachtszeit prall gefüllt. Noch bis zum 21. Dezember steht „Alice im Wunderland“ – ein Tanzabend von Dominique Dumais in der Theaterfabrik Blaue Halle auf dem Programm. Dumais kreiert mit diesem Stück ihren ersten Handlungsabend für das Tanzensemble des Mainfranken Theaters. Dabei lässt sie sich von den skurrilen Charakteren zu einem amüsanten und zugleich tiefgründigen Stück inspirieren. Musikalisch wird der Abend vom Perkussionskünstler Peter Hinz begleitet. Seine Komposition lässt die verschiedenen wunderlichen Figuren der Geschichte auch klanglich zum Leben erwachen, wobei er zugleich selbst Teil der Fantasiewelt wird. Noch drei Mal heißt es in der Zeit vom 20. November bis 3. Januar „Sehnsuchtswild!“. Ein Abend, den wir alle gut gebrauchen können. Schauspieler:innen des Ensembles erzählen hier eigene, selbstgeschriebene Geschichten, singen begleitet von einer vierköpfigen Band vom Verlangen und der Lust, wieder auf einer Bühne zu stehen. Wie groß diese ist, davon kann sich das Publikum ab dem 26. November überzeugen. Dann heißt es Vorhang auf für einen der Musicalklassiker des 20. Jahrhunderts: „Anatevka“ von Jerry Bock, Jules Stein und Sheldon Harnick. Das nächste Highlight folgt auf dem Fuße. Der Cellist Mischa Maisky ist weltweit einer der bekanntesten Vertreter seines Instruments. Als einziger Cellist hat er bei den großen Cello-Legenden Mstislaw Rostropowitsch und Gregor Piatigorski studiert. Am 3. Dezember ist er mit einem Sonderkonzert in der Hochschule für Musik zu Gast. Freunde der französischen Sprache dürfte hingegen bei „Hoffmanns Erzählungen“ voll auf ihre Kosten kommen. Die Oper von Jacques Offenbach ist noch bis zum 6. Januar in der Theaterfabrik Blaue Halle zu sehen. Mit „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett steht ab dem 11. Dezember ein weiterer Klassiker auf dem Programm. Und damit erneut die Frage, wer oder was Godot am Ende für jeden Einzelnen ist. Festlich wird es am 17. und 18. Dezember anlässlich des Weihnachtskonzertes mit dem Philharmonischen Orchester Würzburg unter der musikalischen Leitung von Gábor Hontvári. Und natürlich darf auch das traditionelle Konzert zum Jahreswechsel in der Spielzeit 22/23 nicht fehlen. Diesmal im Stil à la Venedig.

E.T.A. Hoffmann Theater

Am E.T.A. Hoffmann Theater in Bamberg startet die Vorweihnachtszeit mit der Uraufführung eines Auftragswerks. Noch bis zum 18. November kann das Publikum „Tiefer Grund“ von Björn SC Deigner erleben. In Bamberg wurden bereits seine Stücke Der Reichskanzler von Atlantis,Die Polizey; und Der endlos tippende Affe; uraufgeführt. In seinem aktuellen Auftragswerk erzählt er in einem intimen Kammerspiel von der Zerbrechlichkeit unserer Hoffnungen und der Stärke von Gemeinschaft. Ebenfalls eine Uraufführung ist „Kick & Kollaps“ von Clemens Bechtel und Jan Böttcher. Ausgehend von einer Recherche über Wirecard, die Drogeriemarktkette Schlecker und das Pharmaunternehmen Merckle untersucht das Stück, wie Männer in der Wirtschaft Macht ausüben, wie sie Unternehmen aufbauen und gegen die Wand fahren. Vor allem aber: wovon diese Männer träumen und wovor sie sich fürchten sollten. Zu sehen noch bis zum 26. November.

Landestheater Dinkelsbühl

Herzhaftes Lachen ist hingegen im Landestheater Dinkelsbühl erlaubt. Ray Cooneys Komödie „Funny Money – Geld stinkt nicht“ amüsiert das Publikum hier noch bis zum 30. Dezember. Der Plot könnte besser nicht sein: Zwei Paare, ein Koffer voll Geld und eine Leiche. Der Rest ist turbulentes „Drama“. Herrlich! Bis Anfang Januar gibt es außerdem eine rasante Adaption des Shakespeare-Klassikers „Hamlet“. In „Hamlet for you“ von Sebastian Seidel geht es allerdings nicht um einen hinterhältigen Mord, sondern um zwei Schauspieler, die sich mit Shakespeares Klassiker vielleicht doch etwas zu viel zugemutet haben. Sie stehen auf der Bühne und geben alles! Sein oder Nichtsein, das ist ihre Frage. Dabei sind sie sich noch nicht einmal einig, wer welche Rolle spielt… Geheimnisse, knallharte Wahrheiten und große Erkenntnisse stehen dann ab Anfang Januar mit „Die Niere“ von Stefan Vögel im Vordergrund. Behandelt werden die ganz großen Fragen: Was ist wahre Liebe? Was bin ich bereit für meine Liebe zu geben?

Spessartgrotte

Auch in der Spessartgrotte in Langeprozelten geht es tiefgründig zu. Hier stellt sich das Ensemble die Frage: Wann fängt das Leben an? „Dinge, die ich sicher weiß“ heißt das dazugehörige Schauspiel von Andrew Bovell, das noch bis Ende Januar zu sehen sein wird. Eine poetische Studie über Bindung, Liebe, Verlust, Träume, über den Lauf der Dinge, versinnbildlicht im Garten der Familie. Darüber hinaus darf natürlich auch viel gelacht werden. Weiterhin zu sehen ist „Extrawurst“. Ebenfalls bis Ende Januar dreht sich im Schauspiel von Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob alles um die Anschaffung eines neuen Grills in einem Tennisclub. Ebenso respektlos wie komisch stoßen hier Atheisten und Gläubige, Deutsche und Türken, „Gutmenschen“ und Hardliner frontal aufeinander. Und das in einer schnellen, hochpointierten und sehr aktuellen Komödie. Nicht minder heiter ist die Bauernhof-Komödie von William Danne „Käthe holt die Kuh vom Eis“, die gar bis Februar zu sehen sein wird. Was wohl passiert, wenn gestresste Großstädter zur Erholung auf einem Bauernhof landen? Kann man sich nicht ausdenken, muss man selbst erleben. Inhaberin Helga Hartmann im Winter sogar einen Mädelsabend im Programm. „Weiber“ ist ein fulminant ausgelassener Theaterabend mit viel Musik von Martina Flügge. In „Diese Nacht – oder nie“ geht es um deutlich ernstere Themen. Gibt es platonische Freundschaft zwischen Mann und Frau? Auf humorvolle Weise und mit vielen musikalischen Anklängen geht der französische Autor Laurent Ruquier in seiner schwungvollen Komödie bis Anfang Februar dieser Frage nach. Am 9. Dezember flattert zu guter Letzt noch eine Premiere ins Haus: „Beatles an Bord“, ein Comedycal von Enrique Keil. Drei tollkühne Frauen in Uniform rocken, jazzen und swingen, dass es eine wahre Freude ist. Legen Sie den Sicherheitsgurt an, sonst hält es Sie nicht mehr in den Sitzen. Bei diesem Spaß kämpfen die Lachmuskeln mit dem Tanzdrang - guten Flug!

Theater Schloss Maßbach – unterfränkische Landesbühne

Im Theater Schloss Maßbach – unterfränkische Landesbühne wird derweil über die Wechselfälle des Lebens und den Zustand unserer modernen Welt philosophiert. Ab 18. November ist hier „Elling“, ein Schauspiel von Axel Hellstenius nach dem Roman „Blutsbrüder“ von Ingvar Ambjørnsen, zu sehen. Darin geht es um Elling und seinen Freund Kjell Bjarne und ihre alltäglichen Probleme, mit denen sie nach der Entlassung aus der psychiatrischen Klinik konfrontiert werden. Wie sie wieder ins Leben zurückfinden und welche Herausforderungen sie auf ihrem Weg zu meistern haben, ist bis zum 7. Januar im Intimen Theater zu erleben. Wer überdies Lust hat, über „Elling“ und das Thema ins Gespräch zu kommen, hat am Sonntag, 11. Dezember um 19 Uhr die Möglichkeit, sich im Kaminzimmer im Schloss mit dem Ensemble und anderen Interessierten bei einem Glas Wasser oder Wein auszutauschen.nio

Bildnachweis: Martin Kaufhold

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