Ein Sommerwandel durch ein fränkisches Jahrhundert in Bad Windsheim

von kh (erschienen in Ausgabe 07/2020)

Die alten Freunde Martin und Carl haben heute ein ernstes Thema.
Im Sommer 2020 zeigt das Fränkische Freilandtheater seinen ersten Sommerwandel auf dem Gelände des Fränkischen Freilandmuseums in Bad Windsheim.


An 42 Abenden können die Zuschauer des Open-Air-Theaters dann zu Fuß unterwegs sein, um sich ihr Theatererlebnis zu erlaufen. Über die Wege des Freilandmuseums geht es von Szene zu Szene, auf einem Parcours durch das 20. Jahrhundert. Glückliche Tage und Katastrophen von großen und kleinen Leuten, Abschied und Rückkehr, Weltgeschichte und private Schicksale verweben sich zu einem Reigen von Geschichten, in dem es im Grunde immer um das Eine geht – um die Hoffnung darauf, dass die Welt besser wird, auch wenn uns immer wieder Schicksalsschläge und Enttäuschungen vom Gegenteil überzeugen wollen.

Vom ersten Weltkrieg bis zur Jahrtausendwende spannt sich der Bogen der Geschichten in „Alles kein Wunder“. Jede Szene hat eine eigene Jahreszahl und erzählt von Liebe, Hoffnung und dem Leben im vergangenen Jahrhundert. Ein paar Beispiele gefällig? Bitte sehr:
1918: Im Sanatorium des Doktor Wunderlich erholt sich der jugendliche Dichter und Schwerenöter Heinrich von einer schweren Lungenkrankheit. Sowohl seine Pflegerin, die hübsche Schwester Ismene, als auch die sterbenskranke Patientin Clara schwärmen für den Schöngeist.
 
Episoden, die das Leben schreibt

1928: Der junge Wilhelm Haug lernt das Radfahren. Das geht nicht ganz schmerzfrei vor sich, dafür sorgen die beiden Freundinnen Doris und Hilde – dabei hat Wilhelm ein Auge auf Hildes große Schwester Elisabeth geworfen.

1945: Im Sommer nach dem großen Krieg verdienen sich Luis und sein schweigsamer Freund Lunte ein paar Stück Seife durch das Sammeln von Altpapier. Aber beim Schinder Karl und seinem Bruder, dem schiefen Erwin, ist es den Buben nicht ganz geheuer.

1985: Fünfzig Jahre lang hat Hilde sich gefragt, was wohl aus ihrer Freundin Doris geworden ist. Jetztsteht Doris plötzlich vor ihr und will wissen, wie es ihrer großen Liebe Herbert ergangen ist. Hilde hat darauf mehr als eine Antwort parat.

Der Sommerwandel ist ein ­Theater für die Sinne. Die Zuschauer erleben, mal aus der Nähe und mal von fern, wie sich die Geschichten und die Wege der Schaffenrather Familien über einen Zeitraum von 100 Jahren immer wieder kreuzen. So entsteht ein großer Bilderbogen mit unterschiedlichsten Facetten, die sich dann zu einem Gesamtbild dieses „fränkischen Jahrhunderts“ fügen – mit Geschichten über Liebe und Landflucht, über Gehorsam und Gerechtigkeit, über das Festhalten an der Tradition und die Sehnsucht nach Veränderung.

„Alles kein Wunder“ ist ein großangelegtes Panoptikum der fränkischen Seele, schwungvoll, nachdenklich, witzig und immer wieder überraschend!

Bildnachweis: Andreas Riedel

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