Über die Generalsanierung des Mainfranken Theaters und die Frankenhalle als Übergangsspielstätte

von Susanna Khoury (erschienen in Ausgabe 03/2011)

Das Gespräch mit Würzburgs Oberbürgermeister Georg Rosenthal und Theaterintendant Hermann Schneider führte Leporello-Chefredakteurin Susanna Khoury am 2. März.

„Das Theater muss dem Geist der Zeit angepasst werden, gesetzlich und ästhetisch“, sagte Würzburgs Oberbürgermeister Georg Rosenthal am 28. Februar in einer Sitzung von Kultur- und Hauptausschuss. Trotz hochkochender Emotionen (aber man regt sich bekanntermaßen ja nur über Dinge auf, die einem am Herzen liegen) wurde in diesen außerordentlichen drei Stunden Einiges klargestellt: Das Mainfranken Theater muss saniert werden. Es soll saniert werden und zwar am bestehenden Ort. Dies kann weder bei laufendem Spielbetrieb, in einer verlängerten Sommerpause noch in nur einem Jahr (anberaumt sind mindestens 15 Monate) Verlagerung des Spielbetriebs auf eine Ausweichspielstätte geschehen. Diese Möglichkeiten sind „verbaut“! Nun richtet sich der Blick auf ein Raumkonzept, das die Anforderungen eines täglichen Theaterbetriebs schultern kann. Hier kommt die Frankenhalle als Übergangsspielstätte aufs Tapet…

Sanierung tut Not

Aber beginnen wir am Anfang: „Das Theatergebäude ist eine tägliche Zumutung. Für das Stück „Die Vögel“ probe ich mit 55 Leuten auf 80 Quadratmetern. Anna Vita und ich streiten uns darum, wer arbeiten darf! Die Künstler müssen bei Schnee und Regen verschwitzt durch die Kälte (keine Verbindung zwischen Probebühnen in der Oeggstraße und Theatergebäude). Es ist die Leidenschaft für das Theater und die Begeisterung des Publikums, die verhindern, dass man hinschmeißt“, so Schauspieldirektor Bernhard Stengele auf Nachfrage von Leporello über die derzeitigen Arbeitsbedingungen am Mainfranken Theater, einem Gebäude (60er Jahre Bau), das mehr als nur ein wenig in die Jahre gekommen ist. Die Mängelliste ist so umfangreich, dass eine Aufzählung an dieser Stelle nicht möglich ist. Sie umfasst unter anderem Neuerungen im energetischen Bereich, bei den Brandschutzkonzepten, auf dem technischen Sektor, bei den Betriebsabläufen für Besucher (Eingangs-, Kassen- und Foyerbereich) und bei den Arbeitsbedingungen für Künstler (adäquate Probebühne nicht vorhanden, respektive zweite mittlere Spielstätte). „Wir sind durch eine fehlende mittlere Spielstätte (gleichzeitig zweite Probebühne) in unserer Disposition so eingeschränkt, dass wir aus Platznot (respektive Eigenbedarf ) auf Einnahmen durch Vermietung verzichten und zudem das Angebot, das wir leisten könnten, selber blockieren“, fasst Intendant Schneider die derzeitige prekäre Situation am Haus zusammen.

Dauerhafte zweite Spielstätte

„Mit der Frankenhalle als dauerhaft zweiter Spielstätte kämen wir sogar den Forderungen des Obersten Rechnungshofes entgegen: Wir könnten mehr spielen, wir würden mehr Einnahmen generieren und wir könnten zudem vermieten.“ Aber zunächst noch einmal zurück zur Generalsanierung des Mainfranken Theaters, die unumstritten ansteht. Laut einer ersten Projektstudie des Architekten Rainer Kriebel belaufen sich die Gesamtkosten auf rund 17,5 Millionen Euro. „Dabei handelt es sich nicht um eine dezidierte Kostenkalkulation“, betont Oberbürgermeister Georg Rosenthal. „Erst wenn exakte Zahlen auf dem Tisch liegen, können wir sagen, wo wir landen und wie wir das umsetzen …! Daher sei er Joachim Spatz, MdB, sehr dankbar, dass er in der außerordentlichen Sitzung vom 28. Februar den Antrag gestellt habe, für ein Verfahren zur Ermittlung der Baukosten. Dieses Sujet wird in der Hauptausschusssitzung am 28. März verhandelt.

Nur acht Millionen für den Haushalt

Dennoch sei an dieser Stelle ein Rechenexempel gestattet: Wenn wir von 21,5 Millionen Euro für eine Generalsanierung des Mainfranken Theaters ausgehen (17,5 Millionen Euro plus zusätzlich vier Millionen Euro für Bühnentechnik, die erst mittelfristig fällig wären), müssten nur rund acht Millionen Euro von der Stadt getragen werden. Warum? Die 21,5 Millionen Euro würden mit mindestens 34 Prozent vom Staat gefördert (7,3 Millionen Euro), fünf Millionen Euro sind von der Sparkassen-Stiftung als Zuschuss bereits beschlossen und auch der Theaterförderverein hat eine Summe zur Unterstützung angekündigt. Laut Aussage des Baureferenten Christian Baumgart beliefen sich die Kosten für eine reine Mängelbehebung (keine Generalsanierung) im Mainfranken Theater im Jahr 2006 bereits auf 7,8 Millionen Euro. Georg Rosenthal wolle das Theater mit der Generalsanierung ertüchtigen auf seinem Weg zum „Kulturtempel“ im 21. Jahrhundert.

Für Intendant Hermann Schneider ist die Sanierung des Theaters und die Frankenhalle als Übergangsspielstätte eine Paketsituation. „Wie beim Überqueren eines Flusses mit zwei Steinen, wo keine Brücke ist, so lege ich erst einen Stein ins Wasser, das ist die Frankenhalle, auf den steige ich. Hier kann ich mein Ausweichquartier haben. Dann nehme ich einen anderen Stein aus dem Wasser, das ist das Mainfranken Theater, steige darauf und kann den Fluss überqueren, komme am anderen Ufer sogar bereichert mit zwei Spielstätten an“. Würzburg ist eines der wenigen Theater im deutschsprachigen Raum, dass keine mittlere Spielstätte hat. Das bedeutet, das der Kanon des bürgerlichen Trauerspiels und die naturalistische Literatur sowie viele zeitgenössische Stücke kaum spielbar sind. „Die Kammerspiele (fassen rund 100 Personen) sind ein Ort schmerzlicher künstlerischer und ökonomischer Kompromisse, in einer für Künstler und Zuschauer bedrückenden Atmosphäre“, räumte Schauspieldirektor Bernhard Stengele in einem früheren Gespräch ein. Würzburgs Oberbürgermeister findet in der Sitzung vom 28. Februar noch deutlichere Worte: „Die Kammer ist ein fensterloses Kellerloch, sie entspricht nicht den Anforderungen einer zweiten Spielstätte!“

Theater als Eier legende Wollmilchsau

Wir leben in einer Zeit, in der Theater nicht nur Bildung, Kunst und Unterhaltung vermitteln soll, sondern zugleich soziokulturelles Zentrum, Podium für den gesellschaftlichen Diskurs, Standortfaktor für die Wirtschaft, Imageagentur der Stadt und Motor für den Tourismus sein muss. Um diese Eier legende Wollmilchsau zu erschaffen, braucht es mehr als ein bisschen Sein mit Schein. „Der Theaterbegriff wandelt sich, mit der Frankenhalle tragen wir den veränderten Bedingungen Rechnung. Wir erschließen ein Quartier, wo sich Gesellschaft unterhält und sich auch die Seh- und Hörgewohnheiten des Publikums verändern werden“, blickt Hermann Schneider in die Zukunft. Und auf die Bitte um eine Stellungnahme zu der Aussage „Theater muss sich ändern, um zu bleiben, was es ist“, kontert Schneider: „Theater lebt ja nur dann, wenn es gesellschaftliche Relevanz hat. Wenn sich die Gesellschaft ändert, muss sich auch das Theater ändern, um der Gesellschaft Fragen zu stellen, auf die sie Antworten sucht. Die Aufgabe von Theater ist sich immer neu zu erfinden.“

Klar ist, dass der Kampf um die Zukunft von Theater auf der Bühne stattfindet, daher ist es sinnvoll, das Theater zu ertüchtigen, diesen Kampf auch ausfechten zu können, damit es nicht wie bei Cervantes' „Mann von La Mancha“ zum Kampf gegen Windmühlen kommt!

Bildnachweis: Khoury

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