Eine moderne Weltkulturerbestadt – im Gespräch mit Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke

von Susanna Khoury (erschienen in Ausgabe 4/2011)

Für Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke ist Kultur ein Lebenselixier.Kultur ist ein Lebenselixier! Kultur im engeren Sinne bezeichnet die sogenannten schönen Künste wie Bildende Kunst, Literatur, Theater, Tanz und Film, Musik sowie die angewandten Künste wie Design und Architektur. Kultur im weiteren Sinne meint die Gesamtheit des Lebens und die Lebensart einer Gesellschaft. Um es kurz zu sagen: Kultur gehört seit Anbeginn der Menschheit zum Leben dazu. So einfach und selbsterklärend ist das, sagt Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke.

Leporello(L):Was hat Bamberg als Kulturstadt zu bieten? Was gibt es für Pläne für die Zukunft in Sachen Kultur?
Andreas Starke (AS): Bamberg ist unbestritten eine Kulturstadt. Und das ist nicht nur den höchst kulturinteressierten Bürgern zu verdanken, die die Kultur in einer Vielzahl von Vereinen pflegen und fördern sondern vor allem gleich drei „kulturellen Leuchttürmen“: Zum einen: Die Bamberger Symphoniker - ein Orchester von Weltruhm, das Bamberg kulturell und musikalisch auf Augenhöhe mit den Metropolen dieser Welt gebracht hat. Dann: Das E.T.A. Hoffmann- Theater - ein kleines, aber sehr feines städtisches Theater, das seinen Kulturauftrag sehr ernst nimmt und in einer Vielzahl von Kooperationen mit der Universität, ansässigen Künstlern, den Kulturvereinen und den Bürgern eine stimmige Symbiose eingeht. Das Theater sorgt in diesem Jahr auch erneut für ein kulturelles Ausrufezeichen mit den Bayerischen Theatertagen. Und: Das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia - ein lebendiger Ort der Kultur, der die Kulturszene der Stadt Bamberg bereichert und schon so berühmte Künstler beherbergt hat wie zum Beispiel die spätere Nobelpreisträgerin Hertha Müller. Doch wer kulturell so viel zu bieten hat, gerät auch leicht in die Versuchung sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen. Eine „offene Flanke“ haben wir sicherlich im Bereich der modernen Kunst. Die Museumslandschaft muss und wird in den kommenden Jahren sicher verändert werden. Ein Zukunftsthema, das für das Profil Bambergs als Kulturstadt von wichtiger Bedeutung ist.

L: Weltkulturerbe: Fluch oder Segen? Verpflichtung oder Kür?
AS: Kein Fluch, ganz im Gegenteil. Wir betrachten den Welterbetitel im positiven Sinn als Verpflichtung, sorgfältig mit unserem Erbe umzugehen. Bamberg war schon immer eine herausragende historische Stadt die zum Glück, trotz aller Bedrohungen vergangener Jahrhunderte, in einer Art und Weise erhalten geblieben ist, die ihr einen besonderen Status verleiht. Dessen waren sich die Bamberger schon immer bewusst und sie haben ihre Stadt schon immer mit Stolz gehegt, gepflegt und mit einer Energie verteidigt, die Menschen aus anderen Städten immer wieder in Erstaunen versetzt. Dennoch ist Bamberg auch eine moderne Stadt, eine Bildungsstadt mit einer wachsenden Universität, ein wichtiger Wirtschaftsstandort, ein Zentrum für eine ganze Region, dass auch zukunftsfähig sein und bleiben muss. Der Welterbetitel ist sicherlich ein Segen und er ist ein wichtiger Standortfaktor und ein Label, das Bamberg ein Alleinstellungsmerkmal verschafft.

Das E.T.A. Hoffmann-Theater ist eine wesentliche Kulturhaltestellen in Bamberg.L: Welche Bedeutung hat die Kultur für die Stadt Bamberg?
AS: Stadt ist Kultur! Das Selbstbild der Stadt Bamberg ist das einer Kulturstadt mit dem Anspruch, sich als Stadt der Künste zu verstehen und weiter zu entwickeln. Dabei geht es nicht nur um die reine Hochkultur - es gibt in Bamberg hunderte von Vereinen und Gruppierungen die für ein lebendiges Kulturleben sorgen - sondern auch um die Lebensart, die in Bamberg besonders gepflegt wird.

L: Im Jahr 2012 findet in Bamberg eine Landesgartenschau statt, was muss Bamberg dafür alles schultern?
AS: Die Landesgartenschau 2012 in Bamberg ist eines der wichtigsten Stadtentwicklungsprojekte der letzten Jahrzehnte. Sie bietet die große Chance, eine jahrelange Industriebrache in einen blühenden Bürgerpark zu verwandeln, der auch in den kommenden Jahrzehnten der Bürgerschaft nachhaltig zur Verfügung stehen wird. Die Landesgartenschau liefert den Schlüssel dafür, dass derzeit auf der Erba ein weiterer Standort der Universität entsteht. Außerdem wachsen Studentenwohnungen und ein völlig neues Wohnviertel. Die Gärtnerstadt, die mit ihren großen Kulturflächen elementarer Bestandteil des Welterbes ist, wurde aus einem jahrelangen Dornröschenschlaf geweckt. Am Kloster Michaelsberg wurde ein ehemaliger Weinberg zu neuem Leben erweckt und die Wegebeziehungen entlang der Ufer in Bamberg wurden neu begehbar gemacht. Dies alles wäre ohne die Landesgartenschau niemals möglich gewesen.

L: Welche Impulse wird die Landesgartenschau für die Kultur mit sich bringen?
AS: Natürlich wird die Landesgartenschau auch die Kulturszene 2012 bereichern. Dort werden im Sommer 2012 Konzerte, Kabarett und Theateraufführungen stattfinden. Es gibt Kooperationen mit dem Stadtmarketing, den Bamberger Symphonikern und dem Theater. Und in einem Künstlerwettbewerb werden Kunstwerke für eine Ausstellung auf der zentralen Fläche der Landesgartenschau auf der Erbainsel ausgewählt.

L: Geht die einstige Gärtnerstadt back to the roots?
AS: Die Bamberger Gärtnerstadt und vor allem der noch immer dort praktizierte urbane Gartenbau ist einzigartig in Europa. Bamberg war schon im Mittelalter eine Stadt der Gärtner und Häcker. Noch Mitte des vergangenen Jahrhunderts war die Erwerbsgärtnerei in den engen Stadtgrenzen einer der hauptsächlichen Wirtschaftszweige Bambergs. Dorthin wollen und können wir nicht mehr zurück. Aber wir wollen diesen Bereich wieder stärken und sogar neu beleben. Alte Nutzpflanzen werden rekultiviert. Das „Bamberger Hörnla“, eine alte Kartoffelsorte und nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen berühmten Gebäckstück, gilt schon heute als kulinarische Köstlichkeit. Zudem beleben wir den Süßholzanbau neu. Denn im Süßholz raspeln waren die Bamberger immer ungeschlagen.

L: Was hat Bamberg an Lebensart jenseits von Rauchbier und Bamberger Hörnla zu bieten?
AS: Unglaublich viel! Und ich lade jeden dazu ein, es einmal selbst zu erkunden: Die kleinen verwinkelten Gassen, die Wege entlang der Lebensader Regnitz und die Altstadt. Unverzichtbar ein Besuch „auf“, denn so sagt man in Bamberg, einem der traditionsreichen Keller. Den besten Blick über Bamberg, und einen wirklich guten Eindruck der Lebensart, hat man übrigens vom Spezial-Keller aus.

Das Interview mit Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke führte Leporello-Chefredakteurin Susanna Khoury

Bildnachweis: Stadt Bamberg

Anzeigen