Das Mozartfest vom 24. Mai bis 23. Juni setzt auf Brüche und Unvollkommenheiten

von Susanna Khoury

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„Jede kritische Lebenssituation schickt uns auf eine Art Reise: eine unfreiwillige Reise, auf die wir uns nicht vorbereiten konnten und für die wir keine Landkarte haben“, schreibt Autorin Andrea Löhndorf in „Kintsugi. Die Kunst schwierige Zeiten in Gold zu verwandeln“. Kintsugi steht für japanisches Kunsthandwerk, das sich dem Reparieren von Gegenständen verschrieben hat; es spiegelt die japanische Lebensphilosophie wider, die Schönheit von Brüchen zu feiern. „Kin“ bedeutet „golden“ und „tsugi“ „verbinden, reparieren“. Wenn etwas im Laufe der Zeit zu Bruch gegangen ist, wird es in Japan nicht entsorgt und vergessen, sondern Kintsugi, die „goldene Reparatur“, haucht alten Scherben neues Leben ein. Und macht sie zu etwas Einzigartigem, einem Kunstwerk, das oft schöner ist als der ursprüngliche Gegenstand es je war. Kintsugi erzähle von Brüchen und Heilung, von Verlust und Versöhnung, von Trennung und Neubeginn, betont die Autorin. Oder um es mit den Worten Ernest Hemingways auszudrücken: „Die Welt zerbricht jeden, und nachher sind viele an den zerbrochenen Stellen stark.“

Ganz im Kintsugi-Stil kommt das Cover des diesjährigen Mozartfestes daher, eine ehemals zerbrochene Frauenbüste, die wieder zusammengefügt wurde, an den Bruchstellen mit pulverisiertem Gold veredelt, schöner denn je. Sie symbolisiert so das Motto des diesjährigen Festes und des Seelenforschers Mozart „Schuld & Vergebung“. Die rund 85 Veranstaltungen vom 24. Mai bis 23. Juni „versuchen, alles Gefühlte in Töne zu kleiden“, so die Intendantin des Mozartfestes Evelyn Meining, auch die Abgründe, Dissonanzen und Widersprüche im Leben. Immer mit dem Ziel der Vergebung, sich selbst, anderen und der Welt gegenüber. Vergeben, aber nicht vergessen ... so werde auch das Erinnerungsprojekt zum 16. März 1945 aufgegriffen, so Meining, ausgehend vom Momentum der Zerstörung und der Frage, wie mit dieser „Schuld“ umzugehen ist, um sich als Stadtgesellschaft neu zu finden?

Weitere interessante Schlaglichter jenseits der großen Konzerte sind zum Beispiel ein begehbarer Beichtstuhl im Popup-Raum „Garten Eden“. Hier finden im wöchentlichen Turnus auch Beratungen der Telefonseelsorge statt, ebenso wie ein Kintsugi-Workshop am 29. Mai um 18 Uhr. Unter dem Motto „heiter scheitern“ können selbstverständlich auch die Proben vieler Mozartfest-Künstler im Pop-up-Raum am Marktplatz kostenfrei mitverfolgt werden. Die Kontraste in der Musik Wolfgang Amadeus Mozarts leben von den Widersprüchen menschlicher Gefühle, von den Fehlfarben.

2024 sollen insbesondere die Unvollkommenheiten, die Narben und Brüche, die längst zu Lebenslinien geworden sind, durch seine Musik und die seiner Weggefährten in neuem Glanz erstrahlen.

 

www.mozartfest.de

Bildnachweis: Mozartfest Würzburg

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