Zwei Jahre lang steht Rothenburg im Zentrum des Interesses

von frey (erschienen in Ausgabe 03/2020)

Zu sehen in der Sonderausstellung „Pittoresk! Selbstbild - Fremdbild - Wiederaneignung“: das Kobolzeller Tor von Edward Harrison-Compton aus dem Jahr 1908.
Ein unbedingtes Muss an der Romantischen Straße ist für alle Reisenden Rothenburg ob der Tauber: Die mittelalterliche Altstadt, rundum umgürtet von einer wehrhaften Stadtmauer, grüßt schon aus der Ferne mit ihrer charakteristischen Silhouette, gerühmt als „Fränkisches Jerusalem“. Wer sich durch die Torbefestigungen hinein begibt in das malerisch verwinkelte Gewirr der Gassen, Straßen und spitzgiebeligen Häuser, gerät immer wieder auf lauschige Plätze. Viele Künstler ließen sich anregen vom reizvollen, vielgestaltigen Stadtbild. Doch nicht nur die Bauten verströmen besondere Atmosphäre, immer wieder laden auch grüne Oasen der Ruhe im Trubel des touristischen Ansturms zum Verweilen ein. Deshalb widmen sich die Jahre 2020 und 2021 dem Thema „Landschaftsgarten“. Denn von solchen versteckten grünen Zonen weist die Stadt über dem Taubertal eine ganze Reihe innerhalb und außerhalb ihrer steinernen Umfriedung auf.

Schon seit dem 18. Jahrhundert kamen Maler, Zeichner und Fotografen hierher, um mit ihren Bildern diese Idylle zu würdigen als romantischen Rückzugsort, als Erinnerung an ein fast vergessenes Mittelalter, als vom heutigen Standpunkt aus verklärte Lebensweise. Einen Blick auf die aus künstlerischer Sicht entstandenen Werke wirft ab März 2020 bis Ende Dezember 2021 das RothenburgMuseum unter dem Ausstellungstitel „Pittoresk! Selbstbild – Fremdbild – Wiederaneignung“. Vor allem im Biedermeier, in der Romantik und später suchten und fanden Künstler hier lohnenswerte Motive. Weniger bekannt ist, dass auch neben deutschen Zeichnern und Malern wie Hans Thoma oder Theodor Alt viele Briten im 19. Jahrhundert hier malten und zeichneten. Sie betrachteten die Winkel und Plätze unter dem Aspekt von „gothic“ bis „picturesque“. Nach und nach entstand so ein bestimmter Kanon der wichtigen, beliebten und üblichen Rothenburger Motive. Diese Sicht konnte auch in mancher Augen bis zum Kitsch abgleiten. Diesen spannenden Gegenüberstellungen von Selbstbild und Fremdbild, von Kunst und Kitsch, fügt die Ausstellung den Aspekt gegenwärtiger Wiederaneignungen seitens der heutigen Stadtbevölkerung hinzu: zeitgenössische Sichtweisen auf die Stadt in Fotografie, Malerei, Sozialen Medien und im Film.

Eine weitere Sonderausstellung im RothenburgMuseum widmet sich ab 20. Mai dem Thema „Rothenburg ob der Tauber in London“. Hier geht es um die internationale Ausstrahlung der Stadt auf Architekten und Stadtplaner; Rothenburg galt als „Musterbeispiel einer organisch gewachsenen, in seinen Bauensembles harmonisch gefügten Mittelalterstadt“, bemerkt der Rothenburg Tourismus Service.

Vielfach wünschte man zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine malerische Stadtarchitektur als Gegenentwurf zu Stadtplanungen vom Reißbrett. Dieser Ansatz inspirierte die „Gartenstadtbewegung“, sichtbar etwa an Hampstead Garden Suburb in London, wo man Dachformen, Laubengänge und Treppen der Tauberstadt zitierte, Anklänge an die Stadtmauer schuf.Einflüsse dieser Richtung gab es ebenfalls bei der Gartenstadt Hellerau bei Dresden, etwa in Richard Riemerschmids Bauten.

Die vielfältigen Beziehungen von Gärten, Malerei und Architektur können die Besucher Rothenburgs erleben bei malerischen, auch geführten Spaziergängen durch die Stadt, die grünen Winkel und Gärten oder im Landschaftspark Wildbad sowie in den eindrucksvollen Sonderausstellungen.

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Alle Ausstellungen und Führungs­angebote finden sich unter
www.rothenburg-tourismus.de

Bildnachweis: RothenburgMuseum

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